Samstag, 27. Mai 2017

Sebastian Kurz: die geile schwarze Sternschnuppe

2010: Ein Jungpolitiker fährt mit einem "Geil-o-Mobil" durch Wien

Kein Poster aus einem Schwulenheftchen! Sebastian Kurz lässig 
auf dem großen schwarzen Gerät
Bildquelle: kurier.at

Die ÖVP Wien versuchte im Wahlkampf, wohl angelehnt an das "Guidomobil" Westerwelles von 2002, jung und dynamisch zu wirken. Die Rechnung ging dort wie da nicht auf: Westerwelles angepeilte 18 % bei der Bundestagswahl 2002 wurden um über 10 % verfehlt. Die ÖVP Wien fiel auf ihr bis dahin schwächstes Ergebnis zurück (rund 14 %) und auch hinter die FPÖ, die seither zweitstärkste Partei in Österreichs Bundeshauptstadt ist. Sebastian Kurz´ erstes bundesweites mediales Erscheinen kann man nur mit rosaroter Brille als gelungen bezeichnen.



Guido Westerwelle:
so manche Gemeinsamkeit mit Kurz sticht ins Auge
Bildquelle mopo.de
Seit jener Kampagne, die ihm bis heute gelegentlich Hohn einbringt, hat er vieles dazugelernt. Seine Frisur mag die gleiche geblieben sein, aber seine Rhetorik wurde besser - jedenfalls um Vokabeln jenseits von "geil" erweitert -, und seine kippende Stimme hat er nun ein klein wenig besser im Griff, wenn sie auch nach wie vor jene Männlichkeit vermissen lässt, die einem Politiker gut zu Gesicht steht. Das versucht er mit Besonnenheit in seiner Sprache, zugleich mit Signalwörtern, die Härte symbolisieren, auszugleichen. Die bisherigen Umfragen deuten darauf, dass sein Imageaufbau gelungen ist. Die Medien sprangen ihm oft genug hilfreich zur Seite, machten ihn zum Anwärter sowohl auf die Parteiobmannschaft wie auch auf die Kanzlerschaft.




2017: Die ehemalige Großpartei ÖVP gibt sich auf

Sebastian Kurz lässt sich mit einem Durchgriffsrecht ausstatten als eine der Bedingungen, um die Partei als Obmann zu übernehmen. Wenig Widerstand in der Öffentlichkeit, Kurz scheint der Retter der Partei zu sein, möchte man nicht den Weg der italienischen Democrazia Cristiana gehen. Diese war vielleicht sogar noch bedeutsamer für die italienische Republik nach dem 2. Weltkrieg als die ÖVP für Österreich. Doch geht man vielleicht gerade mit diesem Entschluss den Weg der Umbenennung ("Liste Kurz - ÖVP" wird´s wohl werden) und Reformation, bis am Ende erst recht die Aufspaltung und Auflösung steht? Ich wage zu prophezeien: Das Kalkül wird bei der nächsten Wahl aufgehen, die ÖVP/Liste Kurz/Die Populisten der RAIKA-Gang oder wie auch immer sie sich nennen werden, werden stimmenstärkste Fraktion im Parlament. Es wird allerdings ein Pyrrhus-Sieg, sofern es danach eine Regierungsbeteiligung gibt, wird sich Kurz als Blender erweisen und die ÖVP ins Nichts herabsinken. Nach ihm die Sintflut ...

Eine gewisse Spaltung, wenn auch nicht offiziell, gab es ja bereits. Zum einen wanderten viele urbane ÖVP-Wähler zu den Grünen ab. Zum anderen gründeten Personen, die der ÖVP entstammten, die NEOS, die eine gesellschaftspolitisch ähnliche Position wie die Grünen vertreten, das Ganze gepaart mit mehr Marktwirtschaft als bei den einstigen Umweltbewegten. 
Insofern klug, sich von der gesellschaftpolitischen Linkstendenz den Worten nach zu verabschieden. Dort wird das Feld bereits von vielen beackert, Kurz und seine Gönner sehen die Chance, sich auch wieder bei den freiheitlichen Wählern bedienen zu können. Selbstverständlich ist es auch ein Versuch, die FPÖ bei ihrem aktuellen Höhenflug (laut Umfragen beständig über 30 %, Norbert Hofer war von der Wahl zum Präsidenten auch nicht allzu weit entfernt) einzubremsen. In weiterer Folge soll die FPÖ vermutlich als Juniorpartner in einer Neuauflage einer schwarz-blauen Regierung zur Verfügung stehen. Eine weitere Koalition mit der SPÖ wäre ein Hohn für die Wähler, weitere Koalitionsvarianten mit parlamentarischer Mehrheit (Grüne, NEOS und allfällige weitere) fern jeglicher aktuellen Wahrscheinlichkeit.

Sebastian Kurz ist seit 2013 Außenminister der österreichischen Bundesregierung. Von daher überrascht es, dass er sich als "neu" und "unverbraucht" verkaufen kann. Er ist für das gesamte Desaster der vergangen Jahre maßgeblich mitbeteiligt! 

Auch die "Asylkrise" hat er nicht nur als Außenminister und Teil des Ministerrates
Das Recht auf freie Meinungsäußerung gilt auch für Kurz,
aber bitte keine Fake News mehr!

Bildquelle: derstandard.at
mitzuverantworten, sondern war auch Teil jener Kräfte, die mithilfe von Fake News versuchten, die Österreicher zu beruhigen.
So seien die Flüchtlinge im Durchschnitt gebildeter als die Österreicher, verlautbarte der Minister (auch für Integration) 2015. Mittlerweile wissen wir: Die Flüchtlinge sind derart ungebildet, dass sie am Arbeitsmarkt absolut nicht zu vermitteln sind und stattdessen in die Mindestsicherung drängen.

Kurz hingegen ist schlau genug, weiter als Teil der Regierung geradezu Opposition zu spielen. Taktisch änderte er seine Haltung zur Asylfrage, schlägt strenge Töne an, während das Land weiter herunterkommt. Doch Kurz gilt als der Mann, der noch das Abendland retten wird. Man könnte geradezu sagen: "Wenn der einmal in der Regierung wäre!" Aber: Das ist er seit Jahren.  


"Eine Islamisierung findet nicht statt!" Achso, dann ist alles gut.
Auch in den jüngsten Tagen tat sich Kurz wieder als Willkommensklatscher, der er angeblich nicht (mehr) sein will, hervor. Selbstverständlich vergaß er nicht darauf, den Moslems einen "gesegneten Ramadan", verziert mit Halbmond und Moschee, zu wünschen. 




"Du bist nicht du, wenn du hungrig bist!"




"Christi Himmelfahrt", von Jean Fouquet
Bildquelle: kunstkopie.de
Am selben Tag hätte er dann auch den Christen einen schönen Christi-Himmelfahrt-Tag wünschen können. Darauf vergaß Herr Kurz. Schön, wenn man die Prioritäten gesetzt hat und diese klar zum Ausdruck bringt. Mögen sie entsprechend erkannt und belohnt werden. 

Vielleicht begreift auch Herr Kurz noch, dass Christi Himmelfahrt nicht so unbedeutsam ist, wie es ihm und vielen erscheint, ist sie doch auch Teil des Glaubensbekenntnisses: 

"[...] aufgefahren in den Himmel [...] Von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten [...]"

Es geschah, wie Jesus es angekündigt hat (Joh 20,17): 

"Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott!"





So wünsche ich Dir, dass du gesegnete Tage verbringst, mit offenen Augen für das Schöne und einem offenen Geist für das Wahre - steht doch Pfingsten vor der Tür.  





Montag, 22. Mai 2017

"Es ist nur ein Film ... ": Das Omen, Trump und andere Plagen

Keine Angst, es ist nur ein Film!  Bildquelle: blue-ray.com


Die älteren unter uns und jene, die sich auch Horrorklassiker ansehen, werden sich an den Film "Das Omen" (1976), dem einige Fortsetzungen sowie Remakes und Prequels folgten, erinnern, vielleicht mit einem Schaudern. Meine Erstsichtung erfolgte im zarten Alter von 10 Jahren gemeinsam mit einer um einige Jahre älteren Freundin, die der Film ebenso ängstigte, sodass wir so manche Szene dank eines über den Fernseher geworfenen Tuches nicht angeschaut haben. Die minutenlange bloße Geräuschkulisse machte den Abend aber nicht weniger gruselig.

Eindringlich aber die Geschichte: Satans Sohn gelangt via Trick (inkl. Mord? Ist er doch ein Mörder von Anfang an, vgl. Joh 8,44 ) bei der Geburt in die Familie Thorn, sein "Vater" beginnt eine politische Karriere. Kann er dem "Sohn" so den Weg an die Macht ebnen? 

Dass die Politik selten dem Guten dient, darf als Binsenweisheit gelten. Und ist sie selbst nicht böse, so widersetzt sie sich dem Übel auch nicht, wäscht allenfalls ihre Hände in Unschuld (so Pilatus, Mt 27,24). 

Feigheit? Willfährigkeit? Unwissenheit? Härte?
Wofür steht Pilatus?
Bildquelle: LDS.org
Wir kennen solche Gestalten aus unserer Tagespolitik zur Genüge. Wenn sie sich wieder einmal rechtfertigen, sie hätten es nicht gewusst, sie wären nicht informiert gewesen, etwas wäre nicht absehbar gewesen.

Glaubt ihnen nicht! Sie wissen, was sie tun, sie wissen, wofür sie ihre Hände aufhalten. Sie wurden eingesetzt als Marionetten, gut bezahlt, aber moralisch beliebig bis niederträchtig. Wundert euch nicht, dass die Dümmsten hohe Ämter besetzen! Seid euch sicher, sie sitzen nicht zufällig dort. Sie aber haben ihren Lohn bereits bekommen!

"Die Politik ist eine Hure", sagte ein Landtagsabgeordneter einst in illuminiertem Zustand zu mir. Ich nickte, ob meiner Jugend. Heute weiß ich: Die Politik ist das Bordell. Die Hure war er.

Wenn die Welt böse ist, wenn das Prinzip, das die Welt am Laufen hält, böse ist, wenn das Böse der Fürst dieser Welt ist, wer kann sich dann in der Politik behaupten? Ohne an dieser Stelle zu fragen, ob das Böse, ob Satan ein Geschöpf Gottes ist, mit der Freiheit, uns zu verderben, aber stets doch ein Geschöpf des Vaters bleibend, oder ein Gegen-Gott, ein im Ringen um unsere Seelen eigenständig, aus sich selbst heraus agierendes Wesen, was religiös einen Dualismus bedeuten würde, müssen wir davon ausgehen, dass die Finsternis, von der Jesus sprach (z. B. Joh 8,12), nichts anderes als unsere Welt ist. Wir wandeln in Finsternis, umringt von Lüge, Verderbnis und Tod und haben nur einen einzigen Ausweg, der uns den Korridor zum Vater leuchtet. 
Wie viel Licht lässt du in deinem Leben zu?

Du spürst doch, wie verkommen die Welt ist. Das Gute daran: Je dunkler es ist, desto besser kannst du das Licht erkennen!
Du erkennst doch den Gegensatz: nichts Wahres kann gelogen sein, keine Lüge ist wahr. Wer behauptet, alles sei relativ, ist ein Lügner. Wenn ein Teil gelogen ist, wie viel ist der Rest dann wert? Wenn du die Wahl hast und sie erkennst, wirst du nicht das Licht wählen?


Franz Delitzsch, bedeutender protestantischer Theologe des 19. Jahrhunderts, trug seinen Studenten auf, am Ende ihres Werkes stets Christus zu verherrlichen. Wir können das angepasst auch für unser eigenes Tun heranziehen, uns öfter fragen: unser Alltagswerk, wie würde Jesus das kommentieren?


Der Trump-Vater schaut bissl grantig.
Drückt die Kippa zu sehr auf die Föhnfrisur? 
Bildquelle: orf.at
Zurück zur Politik, deren Berichterstattung mich heute an "Das Omen" erinnert hat. Israel ist für die Weltpolitik von größter (nicht nur symbolischer) Bedeutung (und ist es auch für die Franchise von "Das Omen"). US-Präsident Trump besuchte Israel, welches er "liebe", ließ sich als Christ (?) mit Kipa an der Klagemauer ablichten. Trump gehört natürlich zu den Jahwe-Christen, die das Alte Testament vom Neuen nicht zu unterscheiden wissen, und eine Kipa wird im Hause Trump wohl auch stets wo herumliegen bzw. aufzutreiben sein - dem Schwiegersohn sei Dank. Israel ist ein Land, das für unsere Verhältnisse wenig laizistisch ist. Die Religion spielt in der Politik eine unverhältnismäßig große Rolle für ein angeblich "westlich orientiertes" Land. So ist beim Staatstermin natürlich auch ein Rabbi nicht weit
.
"Klage nicht und frage nicht, was alles dir fehlt"
Bildquelle: T-online.de
Dieser ist übrigens Rabbi David Lau, wenn ich ihn am Foto richtig erkenne, der dem ultra-orthodoxen Flügel nahesteht und unter anderem deswegen für Unmut sorgte, weil er die Jugend lieber beim thoralesen sehen würde als beim basketballschauen, das ganze verbunden mit wenig dezentem Rassismus (Rabbi Lau in der Kritik).

Süßer Fratz! (am Foto links)
Bildquelle: hollywoodreporter.com








Die Figur des Schwiegersohns, Jared Kushner, erinnerte mich schon im Wahlkampf an Damien aus "Das Omen". Im Hintergrund, aber im Kommen, gut erzogen, vorbildlich zum Herzeigen. Zudem mit einem gut gefüllten Konto und der Absicht, sich gar ein zweites Konto anzuschaffen. Was für ein Schwiegersohn! Da darf die Tochter schon mal konvertieren. Eine Bilderbuchfamilie bietet aber natürlich nicht nur einen potenziellen "Damien", mindestens ein zweiter geht sich locker aus. Spross Barron (nomen est omen? Bitte die Bedeutung des Namens selbst googlen, das glaubst du mir nie!) schaffte es bisher, von den Neid- und Hassartikeln der Trump-feindlichen Medien ausgespart zu werden. 


Gut inszeniert wird das Schauspiel auf der Weltbühne. Ronald Reagan war eine ehrliche Lösung, der Schauspieler als Politiker. Die Laiendarsteller wirken aber ebenso auf die Zuseher. Wie sie alle jubeln und buhen, je nachdem, ob ihr Liebling der Star sein darf, oder zum Bösewicht oder Verlierer wird. 

Erinnerst du dich, wie du als Kind  bei Filmen und Serien mitgefiebert hast? 

Merkst du, dass du dich heute nicht mehr ganz so dafür begeistern kannst? Seit du weißt, dass dir hier nur etwas präsentiert wird, dass es ein neben und hinter der Kamera gibt, das man dir nicht zeigt, von dem du aber irgendwann erfahren hast? Würde es dich überraschen, wenn das nicht nur auf die Scheinwelt des Filmes zutreffen würde?

Nein! Doch! Ohh!






Samstag, 20. Mai 2017

Die Crux mit den Umfragen - Monsieur Macron, Madame Le Pen und der Herr Kurz

Vorweg: Ich danke allen, die an der Umfrage zur französischen Präsidentschaftswahl teilgenommen haben! 

So spannend, wie die Dreifalt-Umfrage es prophezeite, war die tatsächliche Wahl nicht! 


Die Leserumfrage endete unentschieden!: Jeweils 9 Klicks konnten Madame Le Pen und Monsieur Macron auf sich verbuchen. War die Erwartungshaltung tatsächlich derart gespalten? Die Fragestellung bezog sich schließlich darauf, welchen Kandidaten man als Gewinner erwartet, nicht, welchen man sich als Sieger wünscht. 


Das wird den Lesern auch bewusst gewesen sein, weswegen ich davon ausgehe, dass der Wunsch ein wenig Vater des Gedankens war, dass sich die letztlich klare Außenseiterin (Der Kampf zweier Lager - Dreifalt sieht Le Pen chancenlos) gegen den Volksfront-Kandidaten behaupten würde. 

Letztlich konnte Macron zwei Drittel der Wähler hinter sich sammeln. Seine Aufgabe ist es nun, sich eine Basis für die Präsidentschaft zu verschaffen, was er versucht, in dem er seine neue Bewegung "En Marche!" in der Parteienlandschaft mittels diverser Aufforderungen an die Bürger, sich zu beteiligen verankern möchte. "En Marche!" bedeutet übrigens so viel wie "Vorwärts!". Der historisch gebildete Leser verbindet damit diverse sozialistische Zeitungen etwa in Deutschland, Österreich oder der Schweiz, die sich jeweils diesen Namen gaben. So auch die "Avanti!", die Zeitung der italienischen Sozialisten, deren Chefredakteur ein gewisser Benito Mussolini war. Wie Mussolini entstammt auch Emmanuel Macron der sozialistischen Partei und war Wirtschaftsminister im Kabinett des Sozialisten Manuel Valls. Darin haben sich die Gemeinsamkeiten (hoffentlich) erschöpft.





Dreifalt fälscht keine Umfragen, zeigt aber, wie problematisch solche sind. Und trau keinem Zitat! Der Ursprung dieses Zitates wird Churchill zugeschrieben, allerdings ohne jeden Beleg. Bildquelle: SlidePlayer.org

So wie Macron es in Frankreich nun abseits der aus der Mode gekommenen (Alt-)Parteien versucht, schickt sich auch in Österreich ein Wunderwuzzi, ein junger Mann namens Sebastian Kurz, an, sich an die Spitze einer "Bewegung" zu setzen, um damit das faktisch höchste Amt der Republik zu erobern. Mit seiner Partei, der ÖVP, sah er die Chance verunmöglicht und setzt auf seine Popularität -die ihm jedenfalls Umfragen bescheinigen ...

Nur wenige sehen "linke Politik abgewählt", wenn ein Sozialist zum Präsidenten wird. Sebastian Kurz, wäre er nicht Politiker, taugte er zum ORF-Analysten.

Sebastian Kurz wird auf Dreifalt beleuchtet werden, haben wir es hier doch mit einer Person zu tun, die sich anschickt, Kanzler zu werden. Befeuert von den guten Umfragewerten von Kurz ist die ÖVP nach 72 Jahren Existenz bereit, sich für eine letzte Ehrenrunde auf eine "Liste Kurz" beschränken zu lassen.

Dieser Kurz schaffte es, sich ein gewisses Image aufzubauen. Doch steckt mehr dahinter, oder haben wir es mit einem Potjomkischen Dorf zu tun?

Sonntag, 7. Mai 2017

Kuschelrock trifft Aluhut? - Xavier Naidoo, der falsche Prophet

"Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt." (Mt 7,21)



Ende der 1990er-Jahre in deutschen Landen:

Ein junger Sänger weiß Publikum, Kritiker und Medien zu begeistern. Er steht für das neue Deutschland: Migrationshintergrund, sanft, irgendwie anspruchsvoll, tut keinem weh, gegen "rechts", ein bisschen alternativ, aber nicht zu viel, um den Mainstream zu verprellen: Xavier Naidoos 1. Album (außerhalb der USA) im Jahr 1998 war bereits ein Erfolg, die "Bravo" sorgte für Breitenwirksamkeit, Preise trudelten ein. Everybody´s Darling brachte (angeblich) den Soul und R&B nach Deutschland.

Die Zielgruppe war jung, Schülerinnen und Schüler sowie Studentinnen (die männliche Zuhörerschaft verflüchtigte sich ein wenig mit steigendem Alter) bis ins 3. Semester schienen mir damals am ehesten geneigt, Naidoo ihr Ohr zu leihen. 


"[...] der gottesfürchtigste Popkünstler Deutschlands [...]" (Der Spiegel, 2005) Interview 2005 zum neuen Album "Telegramm für X"


Von Anfang an gab es eine religiöse Komponente sowohl in Naidoos Soloalben wie auch bei den "Söhne Mannheims". Die Albentitel sind so auch voller Anspielungen: ZION und weitere Buchstabendreher wie NOIZ, IZ ON, ElyZion oder Telegramm für X (X steht für Saturn, welcher mythologisch auch mit Chronos, Jahwe und anderen "göttlichen" Erscheinungen gleichgesetzt wird, die mal ihre Kinder fressen oder den Feinden ihres auserwählten Volkes die Erstgeborenen nehmen), Solche Christen reden gerne von Jesus, verehren aber den Gott des Alten Testamentes und die Gesetze Moses, über die sich Jesus solange hinweggesetzt hat ("Ihr habt gehört, ich aber sage euch ...!"), bis der Sanhedrin für seine Kreuzigung sorgte.

Auf wen hat sich Xavier gestützt? Bildquelle: cinema.de


Mit einem Blick auf die Produzenten etc. ist auch klar, Naidoo war bald (oder von Anfang an?) ein Projekt, in das man Geld investierte, um es zu melken. Alles spricht für eine sorgsam geplante Karriere. Dass Wikipedia hier eine musikalische Biographie verbreitet, die anderes behauptet, ist nicht ganz ernst zu nehmen. Naidoo bekam nicht nur musikalische Preise, er wurde gar auch zum am besten gestylten Deutschen gekürt (Naidoo als Stil-Ikone).

Ohne Unterstützung "von oben" hätte der dunkelhäutige Sänger bald wieder ganz unten landen können. Trotz Verurteilung (Drogen und Fahren ohne Führerschein) wurde er quer durch die Medienlandschaft getätschelt - manchmal sei er zu pathetisch, religiös nervig, doch insgesamt sei er eben unser guter Saviour Xavier.

Von Paulus zu Saulus? Verkehrte Welt!


Kannst du das auch mit der anderen Braue? Bildquelle: www.deutschlandfunknova.de

All is lost. Aus und vorbei! Xavier entpuppte sich als Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker, Rechtspopulist, Hetzer, N*zi, ja als Antisemit. So sagen es die Medien HEUTE, darunter auch der Spiegel, für den Naidoo ob dieser Einschätzung (Der Spiegel prügelt auf X. N. ein) wohl nicht resozialisierbar ist. Nota bene: Derselbe Mann, der X. N. hier als Schon-immer-Nichtskönner abwatscht, hat dessen Platten schon auch mal unter "die wichtigsten der Woche" gereiht. 

Wer es noch nicht weiß, aber wissen will: Google, YouTube etc. liefern das Material, weswegen Xavier Naidoo nun zur Persona non grata erklärt wird. Nur eines: Dass Deutschland keinen Friedensvertrag hat, ist aber keine Verschwörungstheorie, sondern Fakt. 

Die Verdammung dauert nun einige Jahre an, steigerte sich dieser Tage aber nochmals. Seltsamerweise durfte er weiterhin "seine" Fernsehsendung haben. Nun die Medienschelte, die ihm eine ungeheure Werbung einbringt. In einigen Blogs konnte ich bereits lesen, dass Leute, die sich abseits des Mainstreams verorten, "nun erst recht" seine neue Platte kaufen werden. Wir sehen auch hier den von mir bereits angesprochenen "Kampf zweier Lager" (Wenn Popos politisch werden: Der Kampf zweier Lager).

Der wenig lustige Komiker Jan Böhmermann (er kann immerhin eine Augenbraue alleine hochziehen, er ist also zumindest kein Nichtskönner!) lieferte eine pubertäre Parodie voller Beleidigungen, wie man sie von ihm bereits kennt (auch in einem Anzug kann der Duft der Gosse hängenbleiben). Böhmermann (denken wir an sein Erdogan-Gedicht) scheint überhaupt eine zentrale Figur im Spiel geworden zu sein. Er selbst hat wenig Publikum, seine ihm vorgelegten Texte werden aber brav weitergespielt. Ihm wurde offensichtlich eine distribuierende Funktion zugesprochen.


Spiel ohne Gegner?


Good Cop, bad Cop! Bildquelle: http://ultimatedeadman.weebly.com


Ich halte das Schauspiel für ein ebensolches. Es gibt hier lauter Gewinner, finanziell sowieso und jede Seite wenigstens partiell auch moralisch. Der inkriminierte Song "Marionetten" beinhaltet wohl auch Wahres, ich fürchte aber, Naidoo ist selbst nur eine Marionette und wir sehen ein Puppenspiel.

Es erinnert ein wenig an das amerikanische Wrestling. Die Wrestler bekommen eine Rolle zugeteilt, sind klar in Gute und Böse differenziert. Manchmal werden die Rollen aber neu vergeben. 
Ich vermute, wir erleben mit Xavier Naidoo Vergleichbares.


Die Kritik an "Marionetten" scheint mir weit überzogen, geradezu gespielt hysterisch. Zum Abschluss Xaviers - gemeinsam mit Kool Savas - deutlich radikaleres "Wo sind sie jetzt":