Samstag, 29. April 2017

Symptom, nicht Krankheit - Österreichs Alexander Van der Bellen

"Ja, wir sind eine Ausländerpartei - na und?"

"Wir Grünen stehen zu einer Ausländer-rein-Politik"


Zitate von Dr. Alexander Van der Bellen, ehe er aus wahltaktischen Motiven als "Mann der Mitte" positioniert worden ist.

Die Richtungswahl, die die Präsidentschaftswahl zwischen Van der Bellen (ehemals grün, dann offiziell beliebig) und Norbert Hofer (FPÖ) zweifellos dargestellt hat, war eine kleine Revolution. Die Kandidaten der Großparteien, die das Amt in der 2. Republik seit 1945 bisher ausgefüllt haben, gelangten nicht in die Stichwahl. Zur Auswahl standen stattdessen ein Kandidat, der dezidiert "links" zu verorten war, sowie ein Kandidat der "Rechten". 


Zwei spannende Kandidaten rangen um das Amt. Bildquelle: nachrichten.at

Die Österreicher entschieden sich für den Kandidaten, der ihnen als der biedere, staatsmännische, vernünftige medial präsentiert worden ist. Damit entschieden sie sich auch dafür, dass der Zustrom offensichtlich nichtintegrierbarer Menschen anhalten wird, dass jene, die Asyl bekamen oder wollen, dieses als Mittel zur Einwanderung missbrauchen werden dürfen.

Findet eine Islamisierung statt? Die Frage an sich mutet verschwörungstheoretisch an, sie zielt darauf ab, dass diese gesteuert abläuft. Womit wir es aber fraglos zu tun haben, ist, dass wir in absehbarer Zeit den Islam (der übrigens seit der Monarchie eine anerkannte Religion in Österreich ist) in einer Quantität und Qualität erleben werden, der vielen nicht recht sein wird. Während in Westeuropa seit Jahrzehnten der Laizismus gepredigt wird, das Christentum verächtlich gemacht und seiner sinnstiftenden Funktion beraubt worden ist, gilt es nun denselben Menschen, ein schier unglaubliches Maß an Toleranz gegenüber dem Islam zu zeigen und diese auch allen Unwilligen aufzuzwingen.

Das Kopftuch als Diskussionsthema ist in Wirklichkeit ein Randthema, welches in diesen Tagen ein ungeheures Aufsehen erregt. Ob der Islam dieses für Frauen vorschreibt oder nicht, sollte uns Europäer außerhalb der Religionswissenschaften vermeintlich gar nicht interessieren müssen. Doch Präsident Van der Bellen hat es geschafft, die bestehenden Ängste vor einem dominierenden Islam in unserem Land zu schüren, indem er ob seiner wahrhaft grenzenlosen Toleranz von sich gab, dass der Tag kommen werden wird, an dem jede - er betonte JEDE - Frau als Zeichen der Solidarität ein Kopftuch wird tragen müssen (der Wortwahl nach möchte er sie ja wenigstens darum "bitten"). Ein Video, das in vielen Ländern für Kopfschütteln sorgte:




Van der Bellen hat damit auch viele seiner Wähler vor den Kopf gestoßen. Auf seiner FB-Seite war geradezu die Hölle los, die Social Medias waren voller Spott und Unverständnis. Doch anstatt sich für diesen Eklat zu entschuldigen - mit dem Versprechen, künftig vor dem Reden zu denken - kamen wortreiche, aber inhaltsarme Versuche der Rechtfertigung. Wie könnte es auch anders sein, es war kein Versprecher! Es zeigt sich damit, dass - nach dem peinlichen Fauxpas, als der weltgewandte van der Bellen die per Einladung zum Abend mit Prinz Charles geforderte "black tie" als Krawatte interpretierte - der Präsident für dieses Amt nicht prädestiniert ist. Die Rücktrittsforderungen, die nun auf diversen Accounts kursieren, sind allerdings sinnlos.

Maria Vassilakou, Vizebürgermeisterin von Wien, sprang ihm hier wenig hilfreich zur Seite und schwadronierte etwas von "Ironie". Es wäre schön, wäre es bloß ironisch gemeint gewesen. Ich fürchte aber, die einzige Ironie in dieser Causa ist es, dass van der Bellen jemals als "Mann der Mitte" positioniert werden konnte.

In Frankreich steht in einer Woche dieselbe Richtungswahl an. Die Vorzeichen ähneln sich frappierend. Ein "linksliberaler" Kandidat, Emmanuel Macron, wird als überparteilicher Kandidat positioniert, dem eine deutlich "rechtsstehende" Marine Le Pen gegenübertritt. 

Wer wird gewinnen? ⇨ die Umfrage auf der Startseite läuft noch!




Index der Christenverfolgung: Der Islam meint es nicht gut mit den Christen. Bildquelle: quotenqueen.wordpress.com

Es ist ein Fehler, sich in der Diskussion über drohende Zustände mit einem erstarkten Islam in Österreich, Deutschland, ja Europa auf das Kopftuch an sich zu konzentrieren. Es ist ein Fehler, sich in eine Wortklauberei zu begeben, die den vermeintlich liberalen Islam vom radikalen wie vom Islamismus trennen will. Der Islam ist der Islam. Er gebiert sich so, wie die Umstände es ihm erlauben.
Und wie das Kopftuch nur eines der - vielleicht sogar vernachlässigbaren - Symbole des Islam ist, so steht Alexander Van der Bellen auch nur stellvertretend für ein System und ist Symptom der Immunschwäche Europas.

Ein Blick in die islamische Staatenwelt sollte Grund genug sein, sich für Schritte auszusprechen, die eine Entwicklung zu Zuständen wie in dieser unterbinden. 
Ein Blick in die Geschichte zeigt, wie der Islam als Eroberer auftritt. 
Ein Blick in die Gegenwart zeigt, wie Nichtmoslems in islamisch dominierten Ländern behandelt werden. 

Europa kann sich das für seine Zukunft nicht wünschen.




Montag, 24. April 2017

Wenn Popos politisch werden: Der Kampf zweier Lager

DREIFALT wird populistisch, suggeriert die Überschrift. DREIFALT wird jedenfalls populär:

Die Leserzahlen sind nach 1 Monat bereits deutlich höher als erwartet, was nicht nur erfreut, sondern auch motiviert! Vielleicht ahnt mancher Leser, dass ihm hier weiterhin etwas geboten wird; diesem empfehle ich einen Klick auf den installierten Follower-Button sowie die neu hinzugefügte Möglichkeit, sich mittels E-Mail über rezent veröffentlichte Artikel informieren zu lassen. Für den hohen Anteil von Lesern aus dem Ausland wurde nun auch der Google-Übersetzer installiert.


Treue lohnt sich gewöhnlich! 


Und nun zur Sache ...



Erlaubt ist, was gefällt? Bildquelle: Palmers, Facebook


Dieses Bild ist nicht der Dank an die Leserschaft, sondern war Ausgangspunkt eines erstaunlich hitzigen und überraschend weitreichenden Schlagabtauschs. Palmers legte sozusagen Osterhäschen in Osterhöschen in ein Osternestchen, gebildet von einem Teppich auf dreckigem Boden vor Fenstern, die mit Stroh, Erde o. ä. beschmutzt sind. Die gewählte Kulisse wäre dereinst niemandem aufgefallen. Die Blicke sollten sich eigentlich auf die Models richten.

Taten sie auch, aber nicht bei allen und nicht ausschließlich. Eine Fernsehmoderatorin, Corinna Milborn vom kleinen Privatsender PULS4, zeigte sich entsetzt:


Sieht es beim Fernsehkrimi "Tatort" wirklich so aus? Bildquelle: Corinna Milborn, Facebook

Frau Milborn fühlte sich an Mädchenhandel erinnert. Ich fürchte, Frau Milborn hat eine leicht naive Vorstellung, wie es in dieser Szene zugeht. In einem späteren Posting hat sie das auch etwas relativiert, so sähen laut ihren Recherchen die "Werbefotos" der Mädchenhändler aus. Zugleich spricht sie hier auch bereits ihren Feind Felix Baumgartner an:


Medienprofis wissen, wie sie Quote machen könnten! Bildquelle: Corinna Milborn, Facebook

Was war dazwischen passiert? Felix Baumgartner, von dem ich nur weiß, dass er irgendwo heruntergesprungen ist, wo vorher keiner und danach nicht viele es taten, oder so ähnlich, attackierte Frau Milborn, wie man es besser kaum ins Drehbuch schreiben hätte können:


Kein Offizier, darum auch kein Gentleman. Bildquelle: Felix Baumgartner, Facebook

Milborn rege sich nur auf, weil sie mit den Osterhäschen nicht mithalten könne. Baumgartner würde glatt zwischen diesen landen wollen, vermutlich Kopf voraus und (abermals?) ohne Sturzhelm.

Die Medien griffen diese Po-sse beherzt auf, heizten die Stimmung weiter an. Es zeigten sich (gebildet hatten sie sich längst schon davor!) 2 Lager: das eine sah nichts Falsches und viel Ansehnliches auf dem Werbebild, das andere zeigte sich entsetzt über die Art der Darstellung, über die Darstellung von spärlich bekleideten Frauen an sich und über die Auswahl der Models, welche - laut diesem - blutjunge Teenager seien oder wenigstens wie solche aussähen.

Vielfach zeigte sich hier Heuchelei. Milborn, die moralisch übereifrige Emanze, arbeitet seit 5 Jahren bei einem Sender, der satte 7 Staffeln einer Castingshow (Austria´s Next Topmodel) ausgestrahlt hat, in der abgemagerte Teenager über ihre Model-Chancen angeflunkert wurden und damit ebennso den Zuschauerinnen ein fragwürdiges Körperbild vermittelt hat. Frau Milborn sieht sich aber als Streiterin für die Würde von Frauen, wirbt aber auch für Madonna, die ungustiös jedem Clinton-Wähler im letzten US-Wahlkampf einen Blowjob angeboten hat. So viel zur Würde von emanzipierten Frauen. Geholfen hat´s nix, vielleicht sollte sich die Sexikone von vor 30 Jahren langsam auf ihr Altenteil freuen.

Die Brücke zu schlagen gelingt an dieser Stelle immer besser, worauf ich hinaus wollte ist, dass wir hier 2 Lager sehen, die sich wiederholte Male bereits gegenübergestanden sind. Es scheint sich hier um 2 ziemlich gleich große Lager zu handeln, die sich in allen westlichen Ländern herausgebildet haben.

Es ist dies das urbane, linksliberale Lager auf der einen Seite. Es ist der Form nach das gebildetere, damit auch das gleichförmigere. Es ist das zeitgeistige Lager, das sich als modern versteht, als tolerant und weltoffen.

Es ist dies das rurale, konservative Lager auf der anderen Seite. Es ist der Form nach seltener akademisch gebildet, agiert damit öfter gefühlsbetont. Es ist das traditionelle Lager, das sich auch selbst als das (einfache) Volk versteht, als naturnah, erdig und gemütlich.

Die Lager haben auch ihre verschwimmenden Grenzbereiche. Hochgeistige Menschen, die sich dem zweiten Lager zugehörig sehen gibt es ebenso wie Menschen aus der einfachen Schicht, die sich auf Einfluss von Medien, Familienmitgliedern o. Ä. hin dem ersten angeschlossen haben.

Was die Lager gemeinsam haben: Die Mehrheit ihrer Angehörigen ist Teil davon, weil sie sich gefühlsbestimmt dort verorten. Nur wenige sind aufgrund tiefgehender Analysen Teil davon, nicht selten, dass gerade diese ihrer beinahe vorbestimmten Rolle dann gerne entfliehen. 

Diese Lager sahen wir nun mehrmals, alleine in den letzten Monaten: So in Österreich bei den Bundespräsidentschaftswahlen 2016. Hier wiederum grafisch am besten bereits im 1. Wahlgang:


Das weite Land ist blau, die Städte sind grün. Bildquelle: wikipedia.org


Der US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 zeigte eine politisch ganz ähnliche Spaltung. Dort wie da waren die Schlagwörter der Kandidaten ähnlich: Tradition vs. Fortschritt, Zuwanderung vs. Zuwanderungsstopp, Elite vs. Volk, Arm vs. Reich etc. Dass sich hier der (angebliche) Anti-Establishment-Kandidat Trump durchgesetzt hat, war für uns Europäer (in den USA wurde vieles anders gesehen) unerwartet.



Der republikanische Bible-Belt bleibt sichtbar. Bildquelle: wikipedia.org

Gestern, am 23. 04. 2017, gab es den 1. Durchgang der französischen Präsidentschaftwahlen. 
Auch hier sehen wir ein wenig überraschendes Ergebnis, auch in seiner geographischen Erscheinung. Der Norden mit seiner kaputten Industrie und der strukturschwache Süden wählte Le Pen, während z. B. Paris ihren aussichtsreichsten Kontrahenten, Emmanuel Macron, der in den kommenden Tagen wohl auch zum "Volksfront-Kandidaten" ausgerufen werden wird, wählte.


Keine Überraschung bislang in Frankreich. Bildquelle: wienerzeitung.at

Diese Lager werden sich noch in vielen (Wahlkampf-)Duellen gegenüberstehen. In Deutschland wird es nach derzeitigem Dafürhalten anders aussehen, mangels einer ernstzunehmenden Konkurrenz zum linksliberalen Lager, das von der einst christkonservativen CDU und der einst sozialistischen SPD angeführt wird.

In Frankreich wird Macron alles vom kommunstisch-trotzkistischen politischen Rand bis hin zu den bürgerlichen Rechten hinter sich sammeln. Es wird ein vermutlich etwas deutlicherer Sieg des linksliberalen Lagers als in Österreich werden, sofern es der französischen "rechten" Kandidatin nicht besser zu mobilisieren gelingt als Norbert Hofer in Österreich.

Es wäre geradezu sensationell, sollte es Macron als Kandidat der Medien nun nicht schaffen, Präsident zu werden. Ein früherer Rothschild-Banker wird in den Élysée-Palast einziehen. 

⇨ Wer würde dagegen wetten?
⇨ Welchen Ausgang erwarten sich die Leser? 
Gib deinen Tipp ab! Umfrage auf der Startseite!


Freitag, 21. April 2017

Papst Franziskus - der kugelsichere Märtyrer

"Lang wird der nicht leben, wenn er so weitermacht. Der ist viel zu beliebt und tut viel zu viel für die Menschen!" (so zu mir eine etwas gläubige Katholikin und eine viel gläubigere Zeitungsleserin)


13. März 2013: Kardinal Bergoglio wird von Gott vom Konklave zum Papst bestimmt. Die große Revolution, sagte man sofort, in einer verdächtig einhelligen positiven Resonanz aller Mainstream-Medien, die der katholischen Kirche gewöhnlich spinnefeind gegenüberstehen. 



Johannes Paul II. ernannte Bergoglio zum Kardinal. Bildquelle: katholisches.info


War Kardinal Ratzinger noch schnell als reaktionärer Inquisitor ausgemacht, als er zum Papst gewählt worden war, gab es positiv interpretierte Neuigkeiten mit der Wahl des Argentiniers:

Der Slogan zur "Wahlberichterstattung": "Viele bunte Smaaaartiiies!" HERZlichen Dank für das Bild an superweb.de



  • erstmals ein Lateinamerikaner am Stuhl Petri!

Alles wird gut, jedenfalls besser. Waren die Europäer doch seit jeher die Weltverderber, jedenfalls, seit wir jeden Eurozentrismus konsequent abzulehnen haben.
In puncto Abstammung ist das aber unrichtig, seine Eltern waren "waschechte" Italiener.  


  • erstmals ein Jesuit als Bischof von Rom!

Einer, der sich auskennt! Neue Besen kehren gut?
Der General des straff nach militärischen Regeln geführten Ordens gilt seit Langem als der "schwarze Papst". Die Jesuiten waren führend in der Gegenreformation aktiv, erkannten die Bedeutung der Bildung für dieses Vorhaben und gründeten Schulen und Universitäten, um dem katholischen Glauben ein stärkeres Fundament in breiteren Schichten zu ermöglichen. Diese Seite zeigt interessierten Lesern den Schwur, den Jesuiten zu leisten haben.


  • erstmals Chancen auf Reformen!

Hier kommt jemand, der die Zeichen der Zeit verstünde - als wäre das einem guten Papst unbedingt zuträglich. Aber ihm sagte man nach (oder besser: voraus), er könne die Kirche mit den Wiederverheirateten versöhnen, mit den Ausgetretenen, mit den Priestern, die heiraten möchten, mit den Menschen, die ein Kondom der Keuschheit vorziehen, überhaupt mit allen, die mit den geltenden Regeln der katholischen Kirche über Kreuz sind!


  • erstmals ein sozialer und im Gehabe einfacher Papst!

Sofort hatten die Medien Berichte parat, die ein jahrelanges soziales Engagement des neuen Papstes belegen sollten. Er ist so sozial und so einfach, dass er doch glatt ein öffentliches Verkehrsmittel in Anspruch nimmt!



2008: Zufälliger Blick in die zufällig anwesende Kamera mit der zufällig "versteckten Hand" eines Mannes in der U-Bahn, dem nachgesagt wird, er sei zufällig auch Freimaurer. Bildquelle: salzburg.com


Wieso sich gerade jetzt mit Papst Franziskus beschäftigen?


Bergoglio war keine Überraschung und zieht seither eine gewisse Linie durch. Bereits 2005 war er der große Gegner Ratzingers am Konklave. Die "Reformer" setzten auf ihn als Kandidaten, während die "Konservativen" Ratzinger als den ihren auserkoren. Ein anonymes Tagesbuch zur den Wahlgängen zeigt im Gegensatz etwa zu Aussagen von Kardinal Schönborn, dass es sehr wohl einen Richtungsstreit gegeben hat. Ratzinger schaffte es, mit jedem Wahlgang einen deutlichen Stimmenzuwachs zu verzeichnen, doch gelang es auch Bergoglio, eine Sperrminorität aufzubauen. Die von Johannes Paul II. geschaffene neue Wahlordnung sollte diese Sperre jedoch nach 3 Tagen, spätestens nach 30 bzw. 33 Wahlgängen obsolet machen. Dann wär eine bloße absolute Mehrheit ausreichend und nicht mehr die magische Grenze von 2/3 + 1 Stimme.


Schönheit schafft Klarheit. Michelangelos "Jüngstes Gericht". Bildquelle: wikipedia.de


Bergoglio soll sich Michelangelos "Jüngstes Gericht" in der Sixtinischen Kapelle angesehen haben, als er sich dazu entschloss, seine "Kandidatur" zurückzuziehen. Der Weg war frei für den ersten deutschen Papst seit - ja, seit wann denn eigentlich? 

Seit 500 Jahren, wenn man die "Niederländer" (Hadrian IV.) als Deutsche sieht. Seit gar rund 1.000 Jahren, seit Stephan IX., wenn man das damalige Lothringen, heute französisch Lorraine, gelten lässt. Ebenfalls rund 1.000 + 2 Jahre sind es, wenn man dann bei einem Baiern, Viktor II., ankommt (über seine Herkunft ist wenig bekannt, aber er war Bischof von Eichstätt, Freistaat Bayern). 

Lustige Zufälle gibt´s! In diesem 2012 gedruckten Kalender kündigt der Papst seinen Rücktritt für den 11. 02. 2013 an. Bildquelle: rheinzeitung.de


Päpste werden gewählt, bis sie sozusagen von Gott abberufen werden. Kardinal Ratzinger verehrte Johannes Paul II. sehr, bewunderte dessen Durchhaltevermögen trotz schwerster Krankheit. Die Welt litt öffentlich mit dem Papst, dessen Sympathien damit weiter wuchsen. Man wird sich erwarten können, dass JP II. ein Vorbild für Ratzinger gewesen ist. Überraschend (für die meisten) kündigte er am 11. 02. 2013 seinen Rücktritt für den 28. 02. 2013 an. Er war damit der 2. Amtsinhaber in der langen Geschichte der Päpste, der sich zu diesem Schritt entschloss. Nach eigener Auskunft sei er zu schwach geworden, sein Alter setze ihm zu.

AD MULTOS ANNOS, Herr Dr. Ratzinger!

4 Jahre später feiert Dr. Ratzinger, seines Papsttitels verlustig, am Ostersonntag (also vor 5 Tagen) seinen 90. Geburtstag. Ein schönes Alter, umso mehr, wenn man es bei augenscheinlich guter Gesundheit erreicht. In diesem Video stemmt Dr. Ratzinger anlässlich seiner Geburtstagsfeier einen Bierkrug, es sei ihm gegönnt: Auf sein Wohl!



 Nicht jedem gefiel der Rücktritt von Papst Benedikt XVI.: Ein Blitz schlug in die Kuppel des Petersdoms ein.

Warum dann der Rücktritt? Ratzinger schien mir außer in klerikalkonservativen Kreisen nie beliebt gewesen zu sein. Sein Auftritt war der eines Machtmenschen, seine Bescheidenheit zu offensichtlich gespielt ("Ich bin ein einfacher und demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn" etc.). Sein Erscheinen auf dem Balkon des Petersdoms nach der Verkündigung seiner Wahl: geradezu triumphierend! Weswegen dann eine, angeblich freiwillig, verkürzte Amtszeit? 

Wurde ihm die Arbeit zu viel? Die erste Enzyklika Franziskus´, "Lumen fidei", fußt allerdings auf einer Arbeit Ratzingers im letztlich pensionsnahen Alter. Wurde ihm der Druck einer Seite zu viel? Man kann nur mutmaßen. Dass damit allerdings der Weg für den zuvor schärfsten Konkurrenten im Konklave frei wurde, macht nun einmal stutzig. Ratzinger traf umstrittene Entscheidungen, seine Rehabilitierung der Karfreitagsfürbitte für die Juden war eine (versuchte? gescheiterte? insgeheime? entscheidene?) Kehrtwendung in der Beziehung zum mosaischen Glauben. 1970 erkannte der Vatikan das Judentum als Weg zur Erlösung an, ohne dass sich dieses zu Jesus Christus bekennen müsse. Mit Jesu Worten ist das, hier kann es keine 2 Meinungen geben, nicht in Einklang zu bringen: 

"Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater denn durch mich" (Joh 14,6)

"Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt."  (Joh 11,25)

Wer Jesus als den Verfluchten bezeichnet, wer Jesus als einen Propheten unter andere reiht, wer Jesus ablehnt oder wer ihn nicht kennt, mit dem sollte ein Christ in den Dialog zur Verkündigung treten. Wer den Menschen Jesus vorenthalten will, will ihnen als Christ das ewige Leben vorenthalten. Sollte es für den Vatikan nicht selbstverständlich sein, allen Menschen das Evangelium, allen Menschen Jesu Liebe, allen Menschen den Weg zur Erlösung zu predigen? Jedermann wird für sich entscheiden können, ob er es annimmt - das Christentum ist hoffentlich und das für alle Zeiten über einen Zwang zum Glauben hinaus. Wenn Christus aber aus dem Christentum gestrichen wird, was bleibt übrig?

Und hier kommen wir wieder direkt auf Franziskus zurück. Wieso wird dieser eigentlich bei uns als Franziskus bezeichnet? Wir sagten auch nicht Johannes Paulus oder Benedictus ...
Sei es wie es wolle, worin zeichnet sich Franz Franziskus besonders aus? Auffällig ist ein Hang zur Relativismus. Man könnte es euphemistisch sanftmütig nennen, vielleicht ausgleichend. Doch erwarten sich Christen, jedenfalls jene katholischer Prägung, aber in der Tat auch darüber hinaus, nicht Stütze, Gewissheit in einer Zeit der Ungewissheit, Halt in einer Zeit der Halt- und Maßlosigkeit?

Franziskus kündigt an, weicht zurück, stellt zur Diskussion und trägt, ohne diese weiter oder gar zu Ende zu führen aktuell zur Verwirrung bei. Er weckt Hoffnungen bei Reformhungrigen, die Unzufriedenheit hervorbringen, er verärgert die Konservativen mit Anspielungen, Relativierungen und Aktionismus. Fußwaschung am Gründonnerstag. Vollzogen an überwiegend Flüchtlingen, in einer Zeit, in der der unkontrollierte Zustrom vielen Angst bereitet. Er bekommt dafür Applaus von den Medien, viele Gläubige sind vor den Kopf gestoßen. Unter den Flüchtlingen sind Moslems, auch ein Hindu war unter ihnen zu finden. Was wollte er mit der Fußwaschung theologisch ausdrücken? Wir sind eh alle gleich? Oder, seht, indem ich mich beuge, zeige ich meine Größe als Christ? Trat er in einen religiösen Diskurs mit diesen Menschen, nützte er die Publicity, um eine religiösen Diskurs in der Öffentlichkeit zu initiieren? Mir ist leider dazu nichts bekannt.

Papst Franziskus, der die Zuwanderungswelle wiederholte Male gutgeheißen hat (und das natürlich auch relativiert hat, mal pro schrankenlose Zuwanderung beim Empfang vor Vatikan-Diplomaten, mal pro Obergrenzen wie beim Lutherischen Weltbund), sah sich heuer zur Verkündigung des Ostersegens gezwungen, auf eine bisher rekordverdächtige Präsenz von Sicherheitskräften zurückzugreifen, sowohl quantitativ wie auch qualitativ. Anti-Terror-Einheiten und diverse Spezialkräfte rückten an, um das Leben des "Heiligen Vaters" zu schützen. Ob das dem Argentinier nicht auch alles Spanisch vorgekommen ist?

Ein Priester sagte zu mir, der Stuhl Petri habe schon viel und viele ausgehalten. Er werde auch Franziskus aushalten.



Ego sum Papa. Ich bin der Papst. Alexander VI. in der Zeit der Reformation als Teufel karikiert. Bildquelle: wikipedia.de 


Es darf uns aber nicht um Stühle oder Ämter gehen, sondern um die Menschen. Und diese dürsten nach mehr als der Vatikan ihnen seit Langem oder seit jeher gibt. Europa taumelt wie die Welt. Das Amt des Papstes ist eine der Figuren, die daran zerren und stoßen. 







Samstag, 15. April 2017

FROHE OSTERN! - wahrlich auferstanden?

So vieles spricht für die Historizität der Auferstehung Jesu. Haben die Jünger also nicht nur gelogen, geflunkert, um nicht als Verlierer im Ringen um ihre Hoffnung dazustehen?

Die Jünger sahen sich offenbar bereits als Verlierer, vielleicht als Betrogene. Da hing er, ihr Messias. Bespuckt, verspottet, geprügelt, leidend am Kreuz bis hin zum Tode. Keine Heerscharen von Engeln retteten ihn. Es hätte sie aber nicht wundern dürfen. Er hat es angekündigt (z. B. Mt 17,22 f.), und er verwies darauf, dass es nötig sei, den Willen des Vaters zu erfüllen (Joh 18,11). Jesus wehrte sich nicht, befahl Petrus, den Kampf mit dem Schwert aufzugeben.

In der Folge argumentierte Jesus rational vor den Hohenpriestern wie auch vor Pilatus. Der Weg war nötig, sei es als Erlösungswerk, sei es, weil die Welt, verstanden als System, als Maschine, den Sohn Gottes niemals anders behandeln könnte. Es ist die alte und ewige Feindschaft zwischen dem Herrn der Welt und jenem des Himmels. Die Menschwerdung des Wortes war die Quadratur des Kreises, die einzige Option, uns Gott erstmals vor Augen zu führen.


Ob es 3 oder 4 Nägel waren, wir wissen es nicht.
Bildquelle: Kopten ohne Grenzen WordPress.com


"Wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat." (Joh 12,45)


Jesus zeigte uns den Weg heraus aus der Welt der bloßen Materie. Die vermeintliche Niederlage war der große Sieg. Das ist schwer zu verstehen, selbst die Jünger, die ihm so nahe standen, waren vor den Kopf gestoßen. Für sie war es vorbei. Sie gingen ihrer Wege, die Rückkehr in ihr altes Leben war vorgezeichnet. Es bedurfte der Erklärung und des Sichzeigens Jesu, damit sie ihren Weg fortsetzen konnten. Damit ihr Glaube so stark werden konnte, dass sie (die Schriften legen nahe bis auf 1) allesamt dafür das Martyrium erleiden sollten.



Die Evangelien beschönigen hier nichts. Wir lesen darin von Menschen, die zweifeln. Wir lesen darin von Frauen, die die ersten Zeugen der Auferstehung waren. Frauen waren zu dieser Zeit keine gleichgestellten Personen, ihre Aussage vor Gericht galt nichts. Wäre die Auferstehung bloße Lüge, man hätte sie wahrhaft besser einfädeln können.


Ein paar kleine Gedanken, kurz vor der Osternacht, erwuchsen aus dem Vorhaben, dir als Leser ein frohes Osterfest zu wünschen - mit dem Frieden, den du dir verdient hast!



Jesus hat uns das Kreuz leicht gemacht.

"Wer mir folgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach." (Lk 9,23)

Mittwoch, 5. April 2017

Die Ketzer – Teil 1: Am Anfang stand Paulus

Wer ist ein Ketzer und was ist Ketzerei?


Wir wollen den Blick, vermutlich erwartungsgemäß, auf die Geschichte der christlichen Häresie werfen. Häresie, Ketzerei, Irrlehre und Heterodoxie sind Synonyme, die jedoch allesamt eine mehr oder weniger stark wertende ablehnende Intention in ihrer Wortbedeutung haben. Ich möchte in dieser Reihe aus Gründen der Einfachheit vornehmlich die Begriffe Häresie/Häretiker, Ketzerei/Ketzer sowie Abweichler gebrauchen und möchte dies als wertneutral vermerkt wissen. Auf den Begriff Irrlehre verzichte ich, weil es für uns im Deutschen die eindeutigste Wertung darstellt, und ich persönlich dann auch etwa den Katholizismus als solche bezeichnen müsste. Die Begriffe sind mitunter aus ihrer Zeit heraus zu verstehen und auch dieser heraus geboren. Vor allem der "Ketzer", der sich von den Katharern (von denen noch ausführlich die Rede sein wird) ableitet, ist überwiegend in einem bestimmten historischen Abschnitt anzutreffen. Heute begegnet er uns noch am ehesten im Horrorgenre.

Ein Häretiker ist jemand, der theologisch im Widerspruch zur kirchlichen Autorität steht. Was macht diese Autorität aus? Ich sehe die Kriterien Macht und Einfluss, Möglichkeit der umfassenden theologischen Ausgestaltung, Zahl der Anhänger sowie die Berufung auf die Tradition als maßgeblich an. Das ist für uns weitgehend die römische Amtskirche, die katholische Kirche mit dem Papst an ihrer Spitze. 



Kampf um den rechten Glauben, ein Kampf auf Leben und Tod
                                 Bildquelle: zeit.de


Die Macht des Papstes (teilweise persönlich, vielfach als Statthalter von Amt und Kurie in einer Kontinuität, die es zulässt, die Amtsträger in der knappen Darstellung durchwegs als "der Papst" zu bezeichnen) ist heute überschaubar. Der Vatikan ist geschrumpft, wenig ist übrig vom einstigen geopolitischen Machtfaktor des "Patrimonium Petri", das noch vor 500 Jahren in der Zeit seiner größten Ausdehnung ganz Mittelitalien umfasste, ein Gebiet, etwa 1,5-mal so groß wie die Schweiz! Der Papst war ein Global Player. Er machte Politik, die von entscheidender Bedeutung für Italien war, welches wiederum für die Kaiserwürde unabdingbar war. Und selbst über Italien, ja über die geographischen Grenzen Europas hinaus war das Wort des Papstes zu Krieg und Frieden ein Faktor. Gewiefte Schachzüge, mancher Betrug - denken wir hier nur an die angebliche Konstantinische Schenkung - sorgten für eine Stellung, die die Ursprünge der Christenheit in Vergessenheit geraten ließen.


Der Kirchenstaat 1748: noch groß, aber militärisch, politisch und wirtschaftlich bereits geschwächt  Bildquelle: diercke.de




Nicht erst die Ausformung in Gold und Purpur ließ Widerspruch aufkommen, bereits der Beginn des Christentums war geprägt von Differenzen. Ja, galt doch manchen Jesus Christus auch noch als so etwas wie ein Reformer des Judentums. In der römischen Antike galten Christen zu Beginn Außenstehenden teilweise noch als jüdische Sekte. Doch mit der Konstitution als Christen, d. h. auch als Nichtjuden, galt nicht mehr die Toleranz als religio licita (dies änderte sich erst 311 n. Chr. mit dem Toleranzedikt des Galerius). Die Christen waren Outlaws geworden, stellten sich neben das römische Gemeinwesen. Es muss eine Zeit des Zusammenhalts gewesen sein, im Urchristentum und im frühen Christentum, als man den Gottesdienst im Untergrund feiern musste, und sich mit geheimen Zeichen zu erkennen gab. Möchte man jedenfalls meinen.

Bereits am Anfang stand der Konflikt in der Stellung zur jüdischen Tradition. Nach Jesu Kreuzigung scheinen nahe Verwandte des Messias die Führung der Jerusalemer Christen übernommen zu haben. Dies war "der Bruder des Herrn" Jakobus sowie, nach dessen Steinigung, Simeon, dessen Vater Klopas wohl der Bruder von Josef war, demnach also der "Onkel" von Jesus. Die ersten beiden Bischöfe Jerusalems stammten also aus der Verwandtschaft (oder auch nicht ...) Jesu, sollten demnach ein gewisses Naheverhältnis zu ihm gehabt haben und vertraten als "judaistische" Christen eine stärker im Judentum verwurzelte Haltung als sie uns heute vertraut ist. So galt die rituelle Beschneidung als zwingend nötig, während die "hellenistischen" Christen davon abgelassen haben und die Religion der Erlösung den Heiden geöffnet haben. Paulus sollte dafür zuständig sein.

"Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht, ist es doch Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen." (Römer 1,16)


Paulus - Der erste Ketzer?


Wie schon der Begriff Ketzer ein wenig Provokation beinhaltet, so mag die Nennung des Namen Paulus in diesem Zusammenhang noch mehr überraschen. Er, der Bekehrte, er, der Ausformer des Christentums, der Missionar und Apostel? Doch erinnern wir uns, Ketzer sollte hier nicht wertend sein.


Pieter Bruegel d. Ä., Die Bekehrung Pauli. Bildquelle: kunst-fuer-alle.de



Gehen wir davon aus, dass die Haltung, dass Jesus der Erlöser aller Gläubigen ist, so wird dies in der bestehenden judaistischen Christengemeinde ursprünglich nicht mehrheitsfähig gewesen sein. Es öffnete aber Sympathisanten die Tür, vor allem den männlichen, die von der Beschneidung bisher abgeschreckt worden sind. 

Es war ein theologisch großer Schritt, der bisher in den Publikationen, meines Wissens nach, nie so gesehen worden ist. Ja, es war eine Änderung, wie zugegeben wird. Doch war es eine größere Wende als eine Forderung nach Abendmahl in beiderlei Gestalt (Utraquismus), wie die Hussiten fordern sollten (von Papst Benedikt XVI. übrigens ausdrücklich empfohlen). 

Die jüdischen Gesetze müssen nicht eingehalten werden, sondern der Glaube an den auferstanden Jesus führt zur Erlösung. Darauf folgt, dass auch Heiden der Weg offen steht. Das Liebesgebot Jesu ersetzt die rituellen Gesetze. Mitunter wird behauptet, Paulus habe die Frohe Botschaft mutwillig nach seiner Sicht der Dinge verändert. Doch gerade hier sehen wir anhand zweier Stellen, dass er auf dem Boden der Lehre Jesu steht:

Nicht das, was durch den Mund in den Menschen hineinkommt, macht ihn unrein, sondern was aus dem Mund des Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. (Mt 15,11)

Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und prediget das Evangelium aller Kreatur. Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden. (Mk 16,15 f.)

In dieser Sichtweise, dass Ketzerei sich nicht zwangsweise als finaler Flammentod zeigt, dass wir hier auch nicht nur jene religiösen Konflikte betrachten, die uns stets präsentiert werden, wollen wir versuchen, gemäß der Definition zu Beginn des Beitrags, auch jene Konfrontationen in aller Kürze herauszuarbeiten, die genauso maßgeblich sind. Dazu mussten wir tatsächlich bis an die Anfänge des christlichen Glaubens zurückblicken.

Es ist kein geläufiges Thema, es mag abwegig erscheinen. Doch woran liegt es, dass dieses große Bewandtnis zum Themenkreis der Häresie nie genannt wird? Im Sinne von "Geschichte schreibt der Sieger": Es war eine Häresie, die sich durchgesetzt hat!



Montag, 3. April 2017

Silence: wenn der Glaube schmerzt

Ich bin kein großer Filmfreund, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass der aktuelle Trend regelmäßig 2-Stunden-Filme hervorbringt, als seien die klassischen 90 Minuten nicht mehr ausreichend, den meist oberflächlichen Inhalt darzustellen. "Zwei Stunden meines Lebens, die ich nicht zurückbekomme", lautet daher oft mein Urteil, wage ich mich doch einmal an einen Film heran.

Umso abschreckender waren die 3 Stunden, die Martin Scorsese (der übrigens darauf hinwies, dass sein Name Scorsese und nicht Scorsisi laute) seinem aktuellen Film "Silence" einräumt. Der Stoff (nachzulesen auf Wunsch bei Wikipedia), eine Romanverfilmung mit historischem Hintergrund, klang aber interessant genug, sich dem auszusetzen. Kurzfassung: 2 Jesuiten machen sich im 1638 auf den Weg nach Japan, um den letzten dort verbliebenen Missionar aufzuspüren, der angeblich vom Glauben abgefallen sei. Die Situation, historisch korrekt, vor Ort: Das japanische Shogunat versucht das Christentum wieder auszurotten, ehe es Wurzeln schlägt (ein Bild, das im Film von großer Bedeutung ist). Folter und Tod durch Kreuzigung oder Verbrennung drohen den Unbekehrbaren. Für 200 Jahre bekannte sich niemand mehr öffentlich zum Christentum!



Filmplakat zu "Silence"


Die Namen der Besetzungsliste werden vielen geläufig sein und können durchaus als Anreiz dienen. Die optische Erscheinung des Films ist mitunter zu stilisiert, es irritiert auch, dass Andrew Garfields Haare und Bart überwiegend wie frisch geföhnt aussehen, war er auch noch so lange in einem Drecksloch untergebracht. Davon soll man sich nicht ablenken lassen, der Film regt zum Denken an, wenn man sich darauf einlässt.



Der Glaube ist groß, die Frisur sitzt. A. Garfield vollzieht als Jesuit im Japan des 17. Jhd. die Wandlung. Bildquelle: thefilmexperience.net




Die zentrale Frage lautet: 
Wie weit darf ich in meinem Bekenntnis gehen? Gibt es Grenzen, gibt es einen Moment, in dem es nicht mehr christlich ist, sich zu Christus zu bekennen? Ohne zu viel zu verraten: Die nicht nur sprichwörtliche Nagelprobe ist es, ANDERE für mein Standhalten leiden zu lassen. Das eigene Martyrium, ja, das nahmen Christen von ihren ersten Tagen an auf sich. Manche suchten es geradezu. Franz von Assisi predigte 1219 während des 5. Kreuzzugs vor Sultan al Malik al Kamil, um sich mit den Moslems intellektuell zu messen, um zu bekehren und - ich wage zu sagen - um das Martyrium zu erleiden.

Das Christentum verbreitete sich nicht zuletzt in der Saat des Blutes der Märtyrer. Wenn Menschen bereit sind, Folter und Tod auf sich zu nehmen, beeindruckt das und lässt vermuten, dass hier mehr als nur eine Hoffnung der Grund hierfür sind. Und Jesus forderte geradezu dazu auf. "Wer sich zu mir bekennt, vor dem will ich mich auch vor meinem himmlischen Vater bekennen." (Mt 10,32, ähnlich Lk 12,8)

Dass ein Christ also sein Kreuz auf sich nimmt, um Jesus zu folgen, gehört zum Fundament des Glaubens (Lk 9,23; Mt 10,38). Wer auch andere dafür leiden lassen will, muss eine radikale Weltverleugnung vertreten, eine radikale Ablehnung des Stofflichen. Hier geht es nicht mehr darum, den Körper Schmerzen erdulden zu lassen. Hier muss bereits eine Gleichgültigkeit gegenüber dem Leib gegeben sein. Die zentralen Filmfiguren - Achtung, Spoiler - scheitern bis auf eine Ausnahme daran. Sie scheitern, und bleiben darin Christen, weil sie von ihrem Mitgefühl übermannt werden. Sie treten auf Jesus, um ihre Brüder und Schwestern zu retten. Erleiden sie damit eine Niederlage? Vielleicht gilt hier das Jesuswort: "Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe!" (Joh 15,12)



Ausstellung "Der Mann aus Nazareth. Mensch - Gott - Mythos"
Stift St. Paul 2015, Bibelstelle Mt 5,12
                           
                               



Die 2. zentrale Frage im Film dreht sich um die Verwendung von christlichen Devotionalien. Es ist für Christen heute überwiegend völlig normal, ein Kreuz zu tragen (was auch viele Nichtchristen tun, sieht offenbar schick aus), ein Kreuz oder Heiligenbilder zuhause aufzustellen oder aufzuhängen. Die (katholische) Kirche hat sich in diesem Punkt durchgesetzt (vlg. Ikonenstreit, Hinwendung zum Schauen und Begreifen im Mittelalter - Reliquienkult!). Theologisch war es ein umstrittener Weg, denn es gibt ein alttestamentarisches Darstellungsverbot von Gott. Jedoch hat der Mensch den Wunsch zu sehen, anzufassen, sich geradezu festzuhalten (wie es auch im Film Kraft gibt). 

So haben wir es mit einem gefühlsmäßigen Argument zu tun, aber auch mit einem didaktischen: 
Des Lesens waren im Mittelalter nur wenige kundig! Wenn wir heute Kirchen besuchen, die Bilder, Fresken und Statuen bewundern und ikonologisch und ikonographisch erkunden, verdanken wir das dem Umstand, dass die Kirche mittels dieser Darstellungen nicht nur protzen wollte (wohl auch und zu oft), sondern dem einfachen Menschen Glaubensinhalte näherbringen wollte. Vieles davon verstehen wir heute nur noch nach Anleitung bzw. Vorbereitung, die Bildersprache ist uns fremd geworden. Jedem Interessierten sei hier der "Physiologus", entstanden im 2.-4. Jhd., in dem die Symbolik von Tieren erläutert wird, ans Herz gelegt (um ca. 5 Euro zu bekommen).

Wir landen hier wieder bei der Frage, welchen Wert das Stoffliche hat. Ist es an sich schlecht? Ist es eine Gefahr, am Ende den Stoff an sich wie das goldene Kalb anzubeten?

Der Doketismus führte bei Sekten wie den Katharern ("Ketzer") dazu, alles Leibliche und Stoffliche abzulehnen. Christus, als Engel, habe nur einen Scheinleib gehabt. Somit seien seine Wundmale nicht echt gewesen, sein Körper ein Trugbild und das Kreuz konsequenterweise daher kein statthaftes Symbol zur Verehrung. Die japanischen Christen im Film finden aber gerade bei mitunter notdürftig zusammengeflickten Kreuzen eine Hilfe, was im Film von einer der Figuren kritisiert wird, fehle doch der theologische Unterbau für ein ernsthaftes Christentum. 



Eine Filmszene, die an das Urchristentum erinnert - Gottesdienst im Untergrund. Bildquelle: sueddeutsche.de

   

Die wenigsten Christen kommen heute in die Zwickmühle, Entscheidungen wie im Film treffen zu müssen. Doch sich bekennen oder nicht, das ist eine Frage, die sich Christen bei uns stellen müssen. Sich in einer Zeit, die glaubt, alles berechnen zu können, alles zu wissen, für Erklärungen keinen Gott mehr zu brauchen, sich in einer Gesellschaft, die Religion als rückständig abtut, hinzustellen und sich zu bekennen, erfordert Mut. Es erfordert auch Wissen, um in der Diskussion bestehen zu können. Beides scheint Mangelware zu sein, die Kirchen sind den Wenigsten hierbei eine Hilfe, sodass Eigeninitiative nötig ist.


Dem "sapere aude" sei ein "confiteri aude "hinzugefügt!









Sonntag, 2. April 2017

Marx - von Helden und Zombies

"Ob ich der Held meines eigenen Lebens werde, oder ob dieser Platz von jemand anderem
eingenommen wird, müssen die folgenden Seiten zeigen." (Charles Dickens, David Copperfield 1849/50)

Das Eingangszitat, welches den Beginn zu Ch. Dickens Klassiker "David Copperfield" darstellt, wurde 1 Jahr nach dem Kommunisten Manifest von Marx und Engels veröffentlicht. Dies ist Zufall, weniger Zufall ist, dass ich gerade über diesen Satz stolpere und er mir das aktuelle Geschehen um Karl Marx´ anstehendes Jubiläum abermals in meine Gedanken ruft, welches von gewissen Kreisen und ihrem unbedarften Anhängsel vorab zelebriert wird.

So sehen wir in den Lichtspielhäusern nun den Film "Der junge Karl Marx", und ein großes österreichisches Nachrichtenmagazin widmete Marx die Titelseite und ließ mehr oder weniger Prominente zum kommunistischen Theoretiker Stellung beziehen.


Cover der Profil-Ausgabe 12/2017
                                                 
                                                 


Marx, der Held für viele, als der er sich wohl auch selbst gesehen hat. Doch zeigten die "folgenden Seiten", die Konsequenzen des Marxschen Denkens, dass er zum Helden taugt?


Freilich beriefen sich viele, denen es um Freiheit und/oder Verbesserung der Situation der Arbeiterschaft ging, auf ihn. Es sollte jedoch zu denken geben, dass überall, wo der Sozialismus herrschte, Druck auf das Individuum entstand, psychisch, politisch wie auch wirtschaftlich. Bis hin zur physischen Vernichtung. Kann man sich hier nur darauf hinausreden, dass man Marx falsch interpretiert habe? Dass er manchem Tyrannen als Feigenblatt diente? Oder liegt der Fehler im System.

Als der Ostblock zusammenbrach, sah man gar "das Ende der Geschichte" (F. Fukuyama) gekommen. Alle Systemkämpfe seien entschieden, der letzte verbliebene Gegner des westlich-kapitalistischen Konstrukts musste sich geschlagen geben. Den neuen großen Gegner wollte man noch nicht sehen. Marx war jedenfalls einige Jahre tot. Dachten wir.

Doch wie ein Zombie geistert er durch die Köpfe vieler, die sich als geschichts- und wissenschaftsresistent erweisen. Der gewesene österreichische Bundespräsident Dr. Heinz Fischer (SPÖ) nennt ihn einen "Pionier", die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend möchte gar gut funktionierende Wirtschaftsbetriebe verstaatlichen. Die junge Dame hat das Desaster der verstaatlichten Industrie in Österreich offenbar nicht nur nicht mehr miterlebt, sondern auch in der Zeitgeschichte ignoriert. Es wird bei den SJ-Workshops wohl kein Thema sein. Vermutlich ebenfalls kein Thema sind die Millionen Toten, die der Kommunismus in seinen Erscheinungen zu verantworten hat (System Gulag, Erschießungen, Holodomor etc.)


K. Marx, Bildquelle: Wikipedia


Karl Marx glaubte an den logischen Ablauf der Geschichte mit dem Ziel und Ergebnis der klassenlosen Gesellschaft, im Kommunismus, der dem paradiesischen Urzustand ähneln würde. Der Proletarier sei die Triebfeder, dessen revolutionäres Potenzial, bedingt durch die Ausbeutung durch den Arbeitgeber (Mehrwerttheorie) ihn aus der Verelendung hin zur Herrschaft führen würde, bis keine Herrschaft mehr nötig sei.

So weit, so schön.
Als Problem erwies sich allerdings, dass die Verelendung ausgeblieben ist. Jedenfalls im kapitalistischen System konnte sich der Arbeiter hin zur Mittelschicht entwickeln, es zu einem gewissen Wohlstand und - horribile dictu!- zu (Grund-)Besitz bringen. Anders die Situation in den sozialistischen Staaten, wo abseits der Nomenklatura die Menschen nur das Nötigste hatten. Ein Auto? Wie viele Jahre warteten die Menschen darauf, sofern sie es sich leisten konnten? Staatliche Misswirtschaft ließ Konsumgüter, die im "Westen" längst selbstverständlich waren, zur Mangelware werden. Verblendete Ideologen, Minister ohne persönliche Verantwortung (das kennen wir auch aus unseren Tagen in gewissen Bereichen) sind stets schlechte Unternehmer.

Wer das Paradies auf Erden schaffen wollte, erschuf zumeist das Gegenteil. Dort war er dafür Fürst.




Ist Kapitalismus bloß McDonaldisierung? Bildquelle: stupidedia

                     

Der Kapitalismus ist nicht perfekt. Er führt zu Umweltproblemen, er führt zu Existenzvernichtungen, er führt zu psychischen Problemen. Zugleich führt er zu bisher unbekanntem Wohlstand breiter Kreise in vielen Ländern (vor 100 Jahren lebten Adelige wesentlich schlechter als Arbeiter heute), noch nie waren so viele Menschen auf der Welt GUT ernährt wie heute (ohne zu vergessen, dass hier noch einiges zu tun ist). Wenn wir die freie Wirtschaft ablehnen, so kann das seine Gründe haben.

Wer eine Alternative bieten möchte, ist dazu aufgerufen. Doch lassen wir Marx und seine Epigonen auf der Müllhalde der Geschichte.


Zombies gehören bloß ins Kino. Insoferne passt es ja.