Samstag, 18. Mai 2019

Itzi Bitzi Ibiza! – Strache vor Rücktritt? Ist die ÖVP-FPÖ-Koalition am Ende?

"Itzi bitzi Ibiza" sang Karl Dall dereinst blödelnd in seiner Komödie "Sunshine Reggaa auf Ibiza". Der Refrain beschwor den Wunsch, wieder einmal dorthin fahren zu wollen. Für HC Strache sieht die Lage anders aus: kein Sonnenschein, das Blödeln wird ihm vergangen sein und der Wunsch, sein Lieblingsurlaubsdomizil Ibiza aufzusuchen, dürfte irgendwo zwischen dem Wunsch nach einer Wurzelbehandlung und dem nach einer Prostatauntersuchung liegen. Strache (von Gudenus lohnt sich nicht zu sprechen) steckt in der Bredouille!

7 % würde eine gewogene Berichterstattung der
"Kronen Zeitung" bringen, meinte Strache. 
Was ist geschehen? Zwei linkslastige bundesdeutsche Zeitungen veröffentlichten Teile eines 2017 heimlich auf Ibiza aufgenommenen Videos, das Vizekanzler Strache mit seinem geistig wenig wendigen Nachfolger Gudenus in der Wiener Stadtpolitik bei einem Treffen mit einer vermeintlichen Angehörigen eines russischen Oligarchen zeigt, die in Wirklichkeit ein Lockvogel war und als solcher große Investitionen sowie Parteispenden für die FPÖ in Aussicht stellte. Es ging um eine Übernahme der "Krone", die laut Strache bei danach FPÖ-lastiger Blattlinie (die Linke jetzt bereits im Dauerfeuer attestieren) einen Schub von 7 % bei den nächsten Wahlen bringen würde. Weiters sollte einer der ORF-Sender (wohl ORF1) privatisiert werden. Aufträge sollten eventuell nicht mehr an de STRABAG des Freimaurers (was bei Vodka und Zigaretten natürlich nicht thematisiert wurde ...) und Milliardärs Haselsteiner vergeben werden. Allfällige Parteispenden sollten vorbei am Rechnungshof an die FPÖ fließen. Mehrmals lässt der FPÖ-Chef fallen, es dürfe aber nicht Illegales gemacht werden. 

Nichts Illegales, aber mindestens Mauscheleien, und das alles nicht für andere einsehbar. Das scheint beinahe weniger ein Strache-Skandal als ein Sittenbild unserer politischen Clique zu sein. Wo wir uns noch fragen, ob man auf ein "Brauchen´s a Rechnung?" verlegen den Kopf schütteln dürfte, stellt sich die Frage selbst wohl für manche gar nicht mehr.

Die Medien jubeln! SPÖ fordert Rücktritt Straches, Liste Jetzt dessen Entlassung, NEOS gar Neuwahlen. Der mediale Tenor? Strache am Ende. Strache nicht zu halten. Die Koalition? Die kann doch jetzt nur noch von Kanzler Sebastian Kurz für beendet erklärt werden, ist man sich einig. Doch geht Kurz den Weg, den ihm sein angeblicher Mentor Wolfgang Schüssel geradezu vorgelebt hat? Auch er stürzte sich in der Koalition mit der FPÖ in Neuwahlen, gewann diese fulminant, um hernach mit einer damals schlimm gebeutelten FPÖ die Regierungsarbeit fortzusetzen. 

Die Ibiza-Affäre ist auch ein Sittenbild der
gesamten politischen Clique. Aber genauso Ausdruck
der Verquickung von Information und Entertainment.
Wenn alles politisch ist, ist die Politik nichts mehr 
– wenn 
alles lustig ist, vergeht einem das Lachen.
Bringt Kurz zu Ende, was er mit der Übernahme der ÖVP und jener von FPÖ-Positionen begonnen hat? Nämlich, die FPÖ möglichst schwach zu halten? Will er Neuwahlen, wird er bei diesen stark abschneiden, die FPÖ wird Einbußen zu beklagen haben. Auf den ersten Blick eine Situation, die für die ÖVP (und andere) wünschenswert ist. Auch danach wird die FPÖ für einige Ministerämter mit Sicherheit zur Verfügung stehen, womöglich wären auch andere Parteien beim Wink mit einem Regierungsübereinkommen willig. Doch die wahrscheinlichste neue Koalition hieße abermals ÖVP-FPÖ. Eine geschwächte FPÖ ist aber für die Stabilität der Regierung von Nachteil. Hier könnte die Partei schließlich Nerven zeigen, ein dann folgendes Ende des Paktes auch das Ende eines Kanzlers Kurz bedeuten. Im eigenen Interesse sollte, so irgendwie möglich, Kurz an der FPÖ festhalten und die Regierungsperiode möglichst wie gehabt fortsetzen.

Ist Strache zu halten? Stand heute: nein. Doch wird man nun prüfen, was es mit diesem Video womöglich auf sich hat. Dass solche Methoden an sich letztklassig sind, ist unbestreitbar. Darauf hineinzufallen ist aber unsagbar dumm. Was der Gaukler Jan Böhmermann, der gewissermaßen Karl Dalls Nachfolger ist, damit genau zu tun, ist unklar; er wusste jedenfalls bereits im Vorfeld von der Veröffentlichung des Videos. Ein vom Staatsfunk finanzierter Komiker mit eindeutigem politischen Auftrag? Diese Optik kann nur jemandem gefallen, der politisch auffällig schielt.

Dazu stellt sich die Frage, warum das Video bislang nicht ungekürzt und nur kommentiert zu sehen ist. Weiters sollte die FPÖ eigentlich von der Veröffentlichung gestern (17. 5.) Abend nicht überrascht gewesen sein, machte Böhmermann doch seit Wochen Anspielungen. Dieser ist wohl nur nicht (offiziell) in der Politik, weil sein gebührenfinanziertes Salär höher ist als die Politgage und das Publikum ihn nicht direkt abwählen kann. Seine aktuelle Quote: 0,8 % Seheranteil in Deutschland, das entspricht 160.000 Zusehern. Das sind weniger als jene über 200.000 Österreicher (wohlgemerkt: 1/10 der Einwohner), die zuletzt Germany´s Next Topmodel auf ProSieben ansahen.

Mit 40 Jahren ließ sich Strache 2009 firmen. Das Kreuz
setzte er auch zu politischen Zwecken ein, etwa, als er
2009 gegen den Bau einer Moschee in Wien protestierte.
Ist es für die FPÖ ein Schaden, wenn Strache abtritt? Das Vorkommnis an sich ja, kurzfristig wohl auch eine eventuell nötige personelle Rochade. Bereits mittelfristig werden die FPÖ-Hasser aber wieder wütend rotieren, wenn Norbert Hofer oder eventuell der von außerhalb der Bundespolitik kommende Manfred Haimbuchner den Vorsitz der Bundes-FPÖ/das Vizekanzleramt übernommen haben. Die Lebensplanung beider sieht offiziell anders aus. Doch wisse wir, dass das nicht allzu viel zu bedeuten hat. Beide gelten als verbindlich, haben wesentlich bessere Sympathiewerte als Strache, und man darf nicht vergessen: Niemals hatte die FPÖ mehr Wählerzuspruch als in der für sie traditionell eigentlich eher nachteiligen Bundespräsidentenwahl. Über 35 % votierten im 1. Wahlgang für Hofer! 

Zum Vergleich: Die FPÖ holte im Jahr darauf unter Strache bei den NR-Wahlen knapp 26 %. Und vielleicht eine Warnung für Sebastian Kurz: Auch die ÖVP kam auf "nur" 31,5 %!

35 % in der Bundespräsidentenwahl, hohe Symphatiewerte, dies spricht dafür, dass die FPÖ ohne HC Strache den nächsten Schritt machen kann. Programmatisch, im Stil, mit neuen Horizonten hinsichtlich Wählerzuspruch.

Mit HC Strache ist der Plafond längst erreicht. Ob man ihn mag oder nicht, er hat gewisse Verdienste um seine Partei erworben. Den Vorsitz übernahm er in harten Zeiten, als Jörg Haider sich mit den Getreuen (und dem Geld) auf und davon machte. Kurz darauf lernte ich ihn kennen, als er sich auf Tour begab, um nicht zuletzt in den Korporationen um Unterstützung zu werben. Meine damalige Skepsis scheint nicht unbegründet, falls er nicht zuletzt über die damalige Charakterisierung stürzt, die er auch in der aktuellen Affäre zeigt: ein hohes Maß an Naivität und ein zu großer "will to please". Letzten Endes gelang ihm, was seinem einstigen großen Vorbild Jörg Haider nicht gelungen ist: selbst in der Regierung zu sitzen.

Sollte Strache gehen müssen, ist das kein Beinbruch für die FPÖ. Sollte es allerdings Neuwahlen geben, wird es zum (kurzfristigen) Schaden der FPÖ, vor allem aber von Österreich sein, weil nötige Reformen umso weniger umgesetzt werden würden. Es wäre der Abbruch einer Gegenbewegung zu vielen falschen Richtungsentscheidungen der letzten Jahre und ein "more of the same".

Wer kann sich das wünschen? 



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