Samstag, 24. Februar 2018

Dreht euch nicht um, ... Metternich geht herum!

Wenn ich dieser Tage und Wochen Medien konsumiere, so stößt mir als Historiker der Vergleich mit einer Zeit auf, die für viele unselig war - der Vormärz (politisch) bzw. Biedermeier (kulturell), also die Zeit von 1815 bis 1848. Als politisch engagierte Menschen der gesellschaftlichen Opposition verfolgt, in den Untergrund gedrängt wurden, sich die Menschen zurückzogen, aus Furcht vor Repression, was sich künstlerisch im Biedermeier niedergeschlagen hat. Eng verbunden waren die Repressionen mit dem Namen Metternich, auf den wir auch noch zurückkommen werden.

Metternich-Kern sieht eine Unterwanderung  durch Burschenschaften.
Dagegen will er doch bestimmt hart vorgehen?
Wir erleben eine Hetze gegen Deutschnationale und Korporationsstudenten (vulgo "Burschenschaften"), als würden diese das tatsächliche Problem unserer aktuellen Zeitenwende darstellen. Listen mit Namen tauchen auf, Kinder werden überwacht, (so manch) eine Zeitung hat es sich zur alleinigen Aufgabe gemacht, diese "bösen Burschenschafter" vor ein Gericht zu bringen, ja, sie in der Folge natürlich verbieten zu lassen. Das ist selbstredend der Plan dahinter. Sie wollen selbstverständlich nicht nur 3 Liedermappen verbrennen.

Metternich-Kaiser verbietet Deutschnationalen selbstverständlich,
Teil seiner Landesregierung zu sein!
Ersetzten wir Deutsch durch Slowenisch - mein
Lieber, da müssten wir mit Kerzerln marschieren gehen!
Alles wird gut, wenn wir bloß diese Deutschnationalen wegbekommen! 
Diese furchtbaren Menschen, oft historisch gebildet (was längst nicht mehr erwünscht ist), denen Anstand wichtig ist sowie Bildung (diese würden unsere Kinder mehr denn brauchen, um Bestehen zu können), die weiters ein Leistungsprinzip verfolgen (Leistung ist per se verdächtig, nur, wenn keiner mehr Leistung bringt, woher kommt dann das Geld für die Unwilligen?) und die keinen Vorteil darin sehen, wenn unsere Kultur und unser Volk transformiert wird.




Wie gegenwärtig ist dir der Name Metternich?

Clemens (später Klemens) Fürst von Metternich war Politiker und Diplomat Österreichs. Nachdem Napoleons Brandzug durch Europa gelöscht worden war, war er einer der führenden Köpfe der Neuordnung bereits am Wiener Kongress 1814/15. Seine Sorge galt fürderhin dem aufkeimenden Nationalismus und dem Wunsch nach einem Selbstbestimmungsrecht der Völker - in Europa und so auch im Vielvölkerstaat Österreich, den nach Freiheit Strebende auch den Völkerkerker nannten.

"Die Freiheit führt das Volk", von E. Delacroix, 1830.
Ich habe leider vergessen, den Busen zu zensieren.
Aber das hätte mich  bei den Tugendwächtern 

auch nicht mehr beliebt gemacht!

Das revolutionäre Frankreich mit seiner Blutspur sollte Lehre und Vergangenheit sein. Metternich formte die Heilige Allianz, die Europa im konservativen Gleichgewicht halten sollte, was ihr nur teilweise gelungen ist. Die Ideen des Bürgertums, die sich aus Nationalismus und Liberalismus speisten, waren in gewissen Zirkeln verankert und bereits 1830 machten sie sich wieder in großem Stil bemerkbar (Aufstände in Frankreich, Belgien, Polen, Griechenland sowie in Teilen des italienischen und deutschen Gebietes). Es brodelte in Europa, deswegen arbeiteten die Kabinette eng zusammen (alle, bis auf England und den Vatikan, schlossen sich der Heiligen Allianz an), verteidigten ihr Europa (kommt uns auch in der Tagespolitik bekannt vor) gegen das junge Europa des Völkererwachens. 



Metternich, als Kanzler der deutschen Ordnungsmacht Österreich (wer jetzt die Stirn runzelt, darf sich melden, ich erkläre es gerne gesondert, wenn nötig), die auch den Vorsitz im Deutschen Bund innehatte, sah in den Nationalisten zu Recht eine Gefahr für die Weiterexistenz des Habsburgerreiches. Diese wollten eine Zerstückelung, hin zur Selbständigkeit oder hin zur Bildung eines neuen Reiches, wie es die Deutschen in Österreich zum Teil anstrebten, die ein Deutschland ins Leben rufen wollten, welches es ja noch nicht gab! Maßgeblich sollten die Intellektuellen z. B. in den Burschenschaften etc. die gedankliche Vorarbeit leisten, stets mit der Gefahr vor den Augen der Behörden, dass ein Umsturz anstehen könnte, den man am besten im Keim ersticken möchte.


"Die Denker" fragen sich, wie lange ihnen das Denken wohl noch erlaubt
sein wird. Hast du heute auch oft bildlich gesprochen einen Knebel im Mund?
Der Freiheit eine Gasse! Hier jubeln 1848 die Revolutionäre in Berlin,
so wie sie es in vielen Städten taten.
Die Revolution gilt gemeinhin als gescheitert.
Doch brachte sie mit ihrem Paulskirchenparlament auch die
Demokratie in den deutschen Ländern auf den Weg.
Österreich war federführend bei der Bekämpfung der sogenannten Demagogen, der Volksverhetzer (auch eine sprachliche Parallele zu heute). 1819 bildeten die Karlsbader Beschlüsse die Grundlage für die Verfolgung der Unbequemen. Professoren wurden von den Universitäten entfernt, Demagogen eingesperrt, viele gingen ins Exil, wie auch nach der (gescheiterten?) Revolution von 1848/49, die zwar ein Ende der Karlsbader Beschlüsse brachte sowie etliche Zugeständnisse, der Traum von einem neuen Deutschland blieb aber unerfüllt. Erst Bismarck sollte Deutschland einen, wenn auch nur in seiner kleinen Variante, die den Revolutionären von 1848 vielfach nicht ausreichend war ("Soweit die deutsche Zunge klingt ...").

So trafen die Verfolgungen in den deutschen Ländern Professoren, Studenten, die Universitäten an sich (konsequente Beaufsichtigung), auch Geistliche. Die Zugehörigkeit zu einer Studentenverbindung wurde unter Strafe gestellt, allein der Verdacht war ausreichend, um von der Universität verwiesen zu werden sowie von der politischen Polizei verfolgt zu werden ! So etwas hätten die geistigen Erben der Reaktion auch heute wieder gerne, in einschlägigen Foren wird unverhohlen die Forderung erhoben, "Burschenschafter" von den Unis zu vertreiben.

Metternich stand repräsentativ - und tut es bis heute - für die Unterdrückung von Meinungsfreiheit, nationalen und liberalen Forderungen, Mitbestimmung des Volkes und einer souveränen nationalstaatlichen Politik. 
Erinnert dich das an heute? Wer sind seine Erben, kannst du sie benennen?

Die Revolutionäre von 1848 veranlassten Metternich im März zum Rücktritt. 
So spüre ich an diesem kalten Februartag ein wenig vormärzliche Stimmung. Wir sollten Metternichs Geist beim Namen nennen, wo wir ihn auch immer erkennen; ihn bekämpfen, wo er sich gegen uns richtet; ihn überwinden und den Völkern wie auch dem unsrigen das geben, was ihnen und ihm zusteht.