Sonntag, 7. Mai 2017

Kuschelrock trifft Aluhut? - Xavier Naidoo, der falsche Prophet

"Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt." (Mt 7,21)



Ende der 1990er-Jahre in deutschen Landen:

Ein junger Sänger weiß Publikum, Kritiker und Medien zu begeistern. Er steht für das neue Deutschland: Migrationshintergrund, sanft, irgendwie anspruchsvoll, tut keinem weh, gegen "rechts", ein bisschen alternativ, aber nicht zu viel, um den Mainstream zu verprellen: Xavier Naidoos 1. Album (außerhalb der USA) im Jahr 1998 war bereits ein Erfolg, die "Bravo" sorgte für Breitenwirksamkeit, Preise trudelten ein. Everybody´s Darling brachte (angeblich) den Soul und R&B nach Deutschland.

Die Zielgruppe war jung, Schülerinnen und Schüler sowie Studentinnen (die männliche Zuhörerschaft verflüchtigte sich ein wenig mit steigendem Alter) bis ins 3. Semester schienen mir damals am ehesten geneigt, Naidoo ihr Ohr zu leihen. 


"[...] der gottesfürchtigste Popkünstler Deutschlands [...]" (Der Spiegel, 2005) Interview 2005 zum neuen Album "Telegramm für X"


Von Anfang an gab es eine religiöse Komponente sowohl in Naidoos Soloalben wie auch bei den "Söhne Mannheims". Die Albentitel sind so auch voller Anspielungen: ZION und weitere Buchstabendreher wie NOIZ, IZ ON, ElyZion oder Telegramm für X (X steht für Saturn, welcher mythologisch auch mit Chronos, Jahwe und anderen "göttlichen" Erscheinungen gleichgesetzt wird, die mal ihre Kinder fressen oder den Feinden ihres auserwählten Volkes die Erstgeborenen nehmen), Solche Christen reden gerne von Jesus, verehren aber den Gott des Alten Testamentes und die Gesetze Moses, über die sich Jesus solange hinweggesetzt hat ("Ihr habt gehört, ich aber sage euch ...!"), bis der Sanhedrin für seine Kreuzigung sorgte.

Auf wen hat sich Xavier gestützt? Bildquelle: cinema.de


Mit einem Blick auf die Produzenten etc. ist auch klar, Naidoo war bald (oder von Anfang an?) ein Projekt, in das man Geld investierte, um es zu melken. Alles spricht für eine sorgsam geplante Karriere. Dass Wikipedia hier eine musikalische Biographie verbreitet, die anderes behauptet, ist nicht ganz ernst zu nehmen. Naidoo bekam nicht nur musikalische Preise, er wurde gar auch zum am besten gestylten Deutschen gekürt (Naidoo als Stil-Ikone).

Ohne Unterstützung "von oben" hätte der dunkelhäutige Sänger bald wieder ganz unten landen können. Trotz Verurteilung (Drogen und Fahren ohne Führerschein) wurde er quer durch die Medienlandschaft getätschelt - manchmal sei er zu pathetisch, religiös nervig, doch insgesamt sei er eben unser guter Saviour Xavier.

Von Paulus zu Saulus? Verkehrte Welt!


Kannst du das auch mit der anderen Braue? Bildquelle: www.deutschlandfunknova.de

All is lost. Aus und vorbei! Xavier entpuppte sich als Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker, Rechtspopulist, Hetzer, N*zi, ja als Antisemit. So sagen es die Medien HEUTE, darunter auch der Spiegel, für den Naidoo ob dieser Einschätzung (Der Spiegel prügelt auf X. N. ein) wohl nicht resozialisierbar ist. Nota bene: Derselbe Mann, der X. N. hier als Schon-immer-Nichtskönner abwatscht, hat dessen Platten schon auch mal unter "die wichtigsten der Woche" gereiht. 

Wer es noch nicht weiß, aber wissen will: Google, YouTube etc. liefern das Material, weswegen Xavier Naidoo nun zur Persona non grata erklärt wird. Nur eines: Dass Deutschland keinen Friedensvertrag hat, ist aber keine Verschwörungstheorie, sondern Fakt. 

Die Verdammung dauert nun einige Jahre an, steigerte sich dieser Tage aber nochmals. Seltsamerweise durfte er weiterhin "seine" Fernsehsendung haben. Nun die Medienschelte, die ihm eine ungeheure Werbung einbringt. In einigen Blogs konnte ich bereits lesen, dass Leute, die sich abseits des Mainstreams verorten, "nun erst recht" seine neue Platte kaufen werden. Wir sehen auch hier den von mir bereits angesprochenen "Kampf zweier Lager" (Wenn Popos politisch werden: Der Kampf zweier Lager).

Der wenig lustige Komiker Jan Böhmermann (er kann immerhin eine Augenbraue alleine hochziehen, er ist also zumindest kein Nichtskönner!) lieferte eine pubertäre Parodie voller Beleidigungen, wie man sie von ihm bereits kennt (auch in einem Anzug kann der Duft der Gosse hängenbleiben). Böhmermann (denken wir an sein Erdogan-Gedicht) scheint überhaupt eine zentrale Figur im Spiel geworden zu sein. Er selbst hat wenig Publikum, seine ihm vorgelegten Texte werden aber brav weitergespielt. Ihm wurde offensichtlich eine distribuierende Funktion zugesprochen.


Spiel ohne Gegner?


Good Cop, bad Cop! Bildquelle: http://ultimatedeadman.weebly.com


Ich halte das Schauspiel für ein ebensolches. Es gibt hier lauter Gewinner, finanziell sowieso und jede Seite wenigstens partiell auch moralisch. Der inkriminierte Song "Marionetten" beinhaltet wohl auch Wahres, ich fürchte aber, Naidoo ist selbst nur eine Marionette und wir sehen ein Puppenspiel.

Es erinnert ein wenig an das amerikanische Wrestling. Die Wrestler bekommen eine Rolle zugeteilt, sind klar in Gute und Böse differenziert. Manchmal werden die Rollen aber neu vergeben. 
Ich vermute, wir erleben mit Xavier Naidoo Vergleichbares.


Die Kritik an "Marionetten" scheint mir weit überzogen, geradezu gespielt hysterisch. Zum Abschluss Xaviers - gemeinsam mit Kool Savas - deutlich radikaleres "Wo sind sie jetzt":





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