Dienstag, 24. Oktober 2017

Christ sein ist Revolutionär sein


Vielleicht geht/ging es dir wie mir in jungen Jahren. Man saß in der Kirche, weil man mit dezentem Zwang mitgenommen worden ist - eh nur an den Feiertagen für gewöhnlich. Doch das reichte: der modrige Geruch, die alten Frauen mit ihren Kopftücheln und ihrem Singsang, der Priester, dessen Blick einem prüfend vorgekommen ist. Die gottesfürchtig dreinblickenden (Bauern-)Familien, die auch kirchlich ihr Scherflein beitrugen, die Kirche schmückten, Fürbitten lasen etc.; man war ein wenig Außenseiter, stand auf, wenn die anderen im vorauseilenden Gehorsam längst in die Höhe geschossen waren. Zudem kein Verständnis für den Glauben, der einem auch im Religionsunterricht nur mangelhaft nähergebracht worden ist.

Kein Wunder, dass es passieren kann, dass man sich mit 15 von der Kirche und von Gott abwendet. Die Wissenschaft lockt mit ihren Versprechungen (was sie alles noch schaffen würde - Atheisten werfen Vergleichbares der Religion vor), es wirkt spannend, es ist provokant (gewesen), es war ein heftiger Kampf, an einer "schwarzen" Schule der Scheinbewahrer mit einigen linken/grünen Professoren, die beim bloßen Aussprechen des Wortes "national" Zeichen einer Allergie aufwiesen, als Atheist und Nationalliberaler aufzutreten. Im Rückblick ein Kampf, wie ihn einem fast nur Gott auferlegen kann (oder man selbst in seinem jugendlichen Irrsinn und seiner Kampfeslust).

Das Studium verlief nicht unähnlich, zu einigen (hier allerdings betont nachsichtigen) Katholiken kamen eine Menge Freimaurer hinzu, deren Toleranz unterschiedlich stark ausgeprägt war, sodass sich der Kampf verlagerte. 

In hoc signo vinces -
In diesem Zeichen wirst du siegen
Doch dann mein persönliches Damaskuserlebnis: Alles komplettierte sich. Das Puzzle meiner Weltanschauung bekam seine Ecken und Kanten, Gott füllte die fehlenden Stellen aus und verband alles zu einem Ganzen. Der Kampf begann fortan unter neuen Vorzeichen. Und der Gegenwind wurde nicht weniger. Bald erkannte ich, dass sich zu Jesus zu bekennen mit einer gehörigen Portion Ablehnung einhergeht. Aber das Christentum ist doch die größte Religionsgemeinschaft der Welt, wir hören ständig vom christlich (genauer: christlich-jüdischen, vorauseilender Gehorsam) geprägten Abendland! Und doch reagieren gerade Christen oft sehr schroff, wenn man nicht mehr zweifelt, sondern sich in jeder Diskussion an die Seite Jesu stellt (und der Herr gesellt sich dazu, man spürt es: Lk 12,11f), von Atheisten ist es ja zu erwarten. Die sehen das dunkelste Mittelalter anbrechen (Jesus lebte zwar zur Zeit der Antike, aber das ist denen doch egal ...), wenn sie erfahren, man setzt sich für christliche Werte ein, nicht nur aus Taktik wie in einem Wahlkampf, sondern aus der Überzeugung heraus, Jesus ist der Heiland. Die Beschimpfungen ähneln sich gegenüber Christen und Nationalen, es dauert dort wie da selten lange, bis Godwin´s Gesetz on- wie offline zum Tragen kommt).

So wurde mir bewusst: Christ sein ist Revolutionär sein. Die Mächtigen sind keine Christen. Wem die Mächtigen dienen, zeigen sie permanent. Lerne die Zeichen zu sehen und erkenne, wer dahintersteckt. Der Teufel ist mächtig, es begehrt ihn, uns zu sieben (Lk 22,31). Naheliegenderweise hat ein Christ also einen mächtigen Gegner, der in vielerlei Gestalt auftritt ("Legion ist mein Name, denn sind wir sind viele", Mk 5,9).

Wie können wir auch keine Revolutionäre sein, wenn Jesus sein Leben im Widerstand gegen die Mächtigen, die Welt, die Materie verbracht hat? Die Welt ist kein Ort der Neutralität, es ist der Schauplatz von Großem, das nur wenige sehen. "Haben sie mich verfolgt, sie werden euch auch verfolgen", Joh 15,20. Selbstverständlich verfolgen sie uns! 

Bist du Christ und wagtest es immer, deine christliche Sichtweise kundzutun? Oder hast du bereits lieber einmal geschwiegen? Oder wie Petrus Verrat geübt? 



Sei getrost, die Schwäche des Menschen ist dem Vater bekannt und er verzeiht, wo Reue besteht. Petrus zeigte sich immer wieder schwach, in seiner Angst leugnete er gar, Jesus nur zu kennen. Doch Jesus baute auf ihn, sah in ihm den Felsen. Nicht immer ist es leicht, zu bekennen, irgendwann beginnt der Punkt des Abwägens, der allzu menschlich ist. In schlimmsten Ausformungen sehen wir das im großartigen Scorsese-Film "Silence" (Silence: wenn der Glaube schmerzt)

Scheitern ist kein Ausschließungsgrund. Jesus kam schließlich zu den Sündern, ganz bewusst begab sich in die Gesellschaft jener, die als schlechte Menschen tituliert worden sind. So ist es wohl auch eine Lüge, wenn die Toten Hosen, die ich als Jugendlicher sehr mochte, als Band des Mainstreams (rate mal, wer bestimmt, was Mainstream ist) davon singen, Gott wäre ob unseres Versagens verzweifelt gewesen und hätte sinnloserweise seinen Sohn geschickt.Weder war Gott verzweifelt (ich würde sagen nach menschlichen Kategorien wohl eher traurig) noch war es sinnlos, dass das Wort Fleisch geworden ist.




Jesus von Nazareth kam und löste eine Revolution aus. Mit ihm bekam das Licht in der Welt ein Fundament und Hoffnung. Er war kein politischer Revolutionär (wenn auch wohl als solcher hingerichtet), sondern ein Revolutionär des Geistes, der sich gegen die dunkle Weltsicht und das abartige Gottesbild des jüdischen Establishment stellte. Wie oft hat Jesus gesagt: "Ihr habt gehört, ich aber sage euch ..."? Permanent kämpfte er gegen all das, was in der damaligen Zeit in der damaligen Gegend geglaubt worden ist. Wenn das Licht die Welt erhellen muss, ist es denklogisch, es in die finsterste Gegend zu schicken. Und wie groß die Freude über ihn war! Das jüdische Volk liebte ihn. Nicht umsonst musste man ihn in der Abgeschiedenheit gefangennehmen, um keinen Aufstand seiner zahlreichen Anhänger auszulösen.

Jesus kam, und alles wurde anders. Nicht nichts hat sich geändert, sondern kein Stein blieb auf dem anderen. Das Reich Gottes ist angebrochen, uns wurde gesagt, wie wir es erkennen und (er-)leben können. Christus hat den Tod überwunden und in uns den Samen des ewigen Lebens gelegt. Denken wir auch daran, wenn wir in Bälde Allerheiligen (das ist der Tag, wo viele ausschlafen müssen von der Halloweenparty) haben, am Grab stehen, an unsere Verstorbenen denken, für sie beten; dann beten wir auch für uns, dass wir als Sünder die Gnade erfahren dürfen, auf die wir vertrauen.

Jesus der Revolutionär. Die alten Kirchengänger sterben weg. Die Kirchen leeren sich sichtlich, zu Allerheiligen wird es keinen Platzmangel bei der Gräbersegnung geben. Die Amtskirchen finden keinen Weg aus dieser Krise, erhofften sich nun lange, durch Zugeständnisse an den Zeitgeist Anschluss zu finden. Angst vor einer Bewertung (wenn wir schon nicht urteilen sollen, laut Jesus) steht in den Gesichtern der Würdenträger, wenn sie mit allerlei Perversion konfrontiert werden, bis hinauf zum Papst (Papst Franziskus - der kugelsichere Märtyrer). Der Relativismus greift bereits weit aus.

Falsche Strategie! Zeigt Ecken und Kanten, kein Jugendlicher oder junger Erwachsener braucht eine weichgespülte Kirche oder regenbogenfarbene Christen ohne Haltung, gleich welcher christlichen Orientierung. Jesus kam, um das Feuer auf der Erde zu entzünden (Lk 49ff), seine Stellvertreter stehen aber Feuerlöscher bei Fuß. 

Die Menschen, gleich ob jung oder bereits gereift, suchen nach Orientierung und Sinnstiftung. 
Mehr als Schatten

Wieso nicht etwas Großes wagen und mit der Perspektive Ewigkeit Jesus als Revolutionär folgen?


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