Sonntag, 3. März 2019

KarFREItag oder KarNICHTFREItag?

Die augenblickliche Debatte um den arbeitsfreien Karfreitag schlägt hohe Wellen, ist aber ebenso verlogen wie scheinheilig. (Rote, grüne, linke, aber auch altschwarze, also innerparteiliche Gegner von Sebastian Kurz ...) Funktionäre und Institutionen, die sich bislang nicht als Verteidiger christlicher Werte und Bastionen hervorgetan haben, sehen eine willkommene Gelegenheit, der schwarz-blauen Bundesregierung eine vor den Latz zu knallen. Und sie tun dabei ein Weiteres: Sie ziehen die Debatte bloß auf den arbeitsfreien Tag herunter. Die geistig-seelische Komponente bleibt außen vor.

Bislang galt die Regelung des arbeitsfreien Karfreitags für Protestanten, für die aufgrund ihres Grundsatzes Solus Christus der Karfreitag besonders ins Zentrum rückt. Weiters kamen auch Altkatholiken in den Genuss eines freien Tages bzw. von Feiertagszuschlägen. Ein (halber) freier Arbeitstag galt zudem bislang für Beamte, die um 12 Uhr die Arbeit bzw. die Imitation der Arbeit einstellen durften. 

Wirtschaftsvertreter jammern ob angeblich
so vieler Feiertage. Wer jammern will, wird
immer etwas finden.
Warum sich das ändert? Ein nichtevangelischer Arbeitnehmer (laut anderer Quelle: ohne religiöses Bekenntnis) klagte, der Europäische Gerichtshof kam zum Entschluss: Hier liegt eine Ungleichbehandlung vor. Soweit, so verständlich. Vermutlich wussten bislang wenige Menschen über diese Regelung Bescheid. Zum Leidwesen der bislang Privilegierten fürchte ich, die wenigsten Menschen haben nun dafür Verständnis, wie es bislang gehandhabt wurde. Erwähnt sei, dass die Klage von der Arbeiterkammer unterstützt wurde, womit sie sozusagen den freien Karfreitag für Evangelische (und andere) mitweggeklagt hat.


Karfreitag frei für alle? Die wenig Arbeitswütigen hatten sogleich die ihrer Meinung nach ideale Lösung zur Hand: Geben wir einfach allen frei! Die Wirtschaftsvertreter schüttelten sofort den Kopf, das könne man sich nicht leisten. Der Handel war der Erste, der aufstöhnte, als die Debatte darauf hinauszulaufen schien, dass alle Arbeitnehmer ab 14 Uhr frei haben sollten: Feiertagszuschläge für den halben Tag, das liegt nicht drinnen! Lieber Handel, wenn das so sein sollte, dann macht ihr bei eurer Ausbeutung von Angestellten wie Lieferanten noch immer einiges falsch.


Die Halbtagslösung galt als fix, als sie doch wieder fiel. Nun wird frei haben, wer frei will, einen Urlaubstag zu "opfern" wird denjenigen, die innere Einkehr halten oder gar eine Kirche besuchen möchten, wohl zuzumuten sein, scheint die Meinung der Politik zu sein. Vielleicht nicht zu Unrecht. 

Die Debatte drehte sich allzu oft nur noch darum, dass die Arbeitnehmer frei haben sollten. Alle. Gleich, welchen Bekenntnisses. Gleich, ob sie an diesem Tag einkaufen oder sporteln gehen, ob sie den Tag im Bett verbringen, oder ob sie den arbeitsfreien Tag für ihr religiöses Leben nützen. Es ist nichts anderes als billiger Populismus, wenn man hier, um politisches Kleingeld herauszuschlagen, die Protestanten gleichsam ausnützt, um sie für den eigenen (vermeintlichen) politischen Vorteil stellvertretend anzuführen, um im Gefolge gleich alle Arbeiter und Angestellten sowie Beamte mit ins Boot zu holen. Ob sie unter anderem die SPÖ hier Gutes tut, was sie nicht zuletzt im Rahmen der Arbeiterkammern diesbezüglich aufführt, wage ich zu bezweifeln.

In your Face! Die Österreicher geben Gas, das zeigt
sich nicht nur in dieser Statistik!
Und doch, auch wenn das nicht der urtümlich inneliegende Sinn sein soll: Die Österreicher arbeiten viel, sie arbeiten fleißig (überwiegend, wir wissen von Kanzler Sebastian Kurz, dass viele Wiener nur noch aufstehen, um die Kinder in die Schule zu schicken ...), im EU-Schnitt sind die Arbeitszeiten ganz vorne dabei. 2017 lag Österreich hier an 2. Stelle (Fun Fact: hinter Griechenland). Die Gesamtzahl der Feiertage liegt im oberen Mittelfeld, daran hätte sich auch mit einem weiteren Feiertag nichts dramatisch geändert. Die Wertschöpfung der tüchtigen Österreicher ist groß, und der Wert eines freien Tages, sei es eben auch bloß zur Erholung, ist indirekt auch für den Arbeitgeber vorhanden. Dass hier vor allem die FPÖ eine Chance verpasst, sich auch gegen den Koalitionspartner ÖVP – die ohne Frage, wann immer es geht, die oberflächlich betrachtet den Wirtschaftstreibenden helfende Ansicht vertritt,– durchzusetzen, wenigstens Paroli zu bieten, ist taktisch auch abseits des Wunsches, nach außen harmonisch aufzutreten, ein Fehler. Hier hätte man sich als sozial im Sinne der Arbeitnehmer, aber auch als christlich im Sinne der evangelischen und altkatholischen Brüder und Schwestern beweisen können. Und selbst wir Katholiken hätten uns vielfach gefreut, am Karfreitag um 15 Uhr ("zur neunten Stunde") nicht nur ein wenig innerlich zu verharren, um dem Liebestod unseres Herrn Jesus Christus zu gedenken.

Vielleicht ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Ein grundsätzlich freier Karfreitag wäre im christlichen Sinne, selbst ein Tausch mit dem Pfingstmontag wäre religiös vorteilhaft. Doch sehe ich hier schon den Tourismus toben: Ihr nehmt uns die Urlauber weg! Leider ist die Diskussion profan, uns Gläubigen bleibt letztlich, das beste aus dem zu machen, was wir zur Verfügung haben! Und so geben wir heute wie damals dem Kaiser, was er einfordert, und Gott, was diesem zusteht.

In diesem Sinne wünsche ich dir eine Fastenzeit der Einkehr, der Reinigung von Geist und Körper. Der bevorstehende Aschermittwoch ist zwar ebenfalls nicht arbeitsfrei, die Abendstunden bieten hier aber in vielen Pfarren die Möglichkeit, sich das Aschenkreuz auf die Stirn geben zu lassen, als Zeichen der eigenen Vergänglichkeit. Ein schöner Brauch zum Einstieg in die Fastenzeit und in die Vorbereitung auf Ostern.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen