Samstag, 22. Juni 2019

War Jesus Sozialist?

Nicht nur radikale Befreiungstheologen in Südamerika interpretieren die Lehre Jesu als Aufruf, den sozialen/sozialistischen Aufstand (auch mit Gewalt) zu unterstützen. Auch in unseren Breiten stehen viele Christen sozialistischen Gedanken sehr nahe. Der evangelische Kirchentag in Deutschland zeigte das zuletzt deutlich – bereits in seiner diesjährigen Vorbereitung: Die Rosa-Luxemburg-Stiftung sollte dort einen Stand haben und Workshops anbieten (diese steht der Partei "Die Linken" nahe, welche Nachfolgepartei der kommunstisch-diktatorischen SED ist). Daran hätte man sich soweit nicht gestoßen. Problemhaft wurde diese Kooperation, als ruchbar wurde, dass unter den Vortragenden Antisemiten sein sollen, ja, solche gibt es auch nicht wenige unter Hardcore-Sozialisten. Christen der AfD waren hingegen von vornherein unerwünscht. Die Positionierung der Evangelischen ist klar. 

Im katholischen Bereich sieht es bekanntlich nicht anders aus. Die Linkskatholiken beherrschen das Feld, via Caritas, anderer Vorfeldorganisationen, aber auch direkt über die Mutterkirche sitzt man entweder ohnedies im selben Boot mit sattsam bekannten linken Gruppierungen oder wagt es längst nicht mehr, diesen Paroli zu bieten. Ein Monat lang Schwulenpropaganda? Wer wird da schon so engstirnig sein und dazu passende Bibelzitate präsentieren? Stattdessen selbst zustimmende Tweets von sehr weit oben bzw. bischöfliche Verbote, öffentlich für die Sündhaften zu beten. Nota bene: Zu beten (nicht zu fluchen etc.)!

Man begibt sich so in Kooperation, gar Koalition mit (nicht zuletzt) staatlichen Mächten, aber auch Unternehmen, welche die Materie und Fleischlichkeit vertreten und auch propagieren. Im sozialistischen Sinne gut so: Darum geht es, um irgendwelche Befreiung (und sei es von präfixierter Geschlechtlichkeit, das ist Sozialismus 4.0), um Gerechtigkeit, um Gleichheit, Emanzipation, um eine Verbesserung der Lebensumstände. Klingt schön? 

Gott schuf den Menschen als Mann und Frau. Die Dekadenz von heute schuf ... ich weiß nicht, wie viele Geschlechter es zum heutigen Tag bereits sind. Offiziell darf/muss bereits jedenfalls das dritte Geschlecht (divers) angegeben werden, etwa bei Stellenausschreibungen. Es geht um Befreiung aus Vorschriften und Traditionen, von denen uns die besten Gott selbst gegeben hat. Gerechtigkeit, Gleichheit, das sind allzu menschliche Kategorien, die stets die andere Seite der Folgen ignorieren: Wo Gleichheit herrscht, ist Andersartigkeit nicht willkommen. Klassisch sozialistisch, versteckt unter vielfach clownesker Maskerade in der öffentlichen Präsentation. Gerechtigkeit? Klingt melodisch, doch halt: Wäre Gott bloß gerecht, um Himmels Willen, wer würde jemals dem Schwefelgeruch des Widersachers entkommen? Über der von so vielen propagierten Gerechtigkeit steht die Vergebung, die Gnade.

Verbesserung der Lebensumstände, ein doch sicher christlicher Ansatz? Jesus bremste die politisch Aufständischen, selbst bei Ungerechtigkeit gegen den "einfachen Menschen". Soll man Rom Steuergelder abliefern? Warum nicht? Es ist letztlich nur Geld. "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist", sagte Jesus in Anspielung darauf, wessen Konterfei die Münzen prägt. 

Jesus wendet sich häufig an die Verlierer der Gesellschaft, an Arme, an Kranke, an jene, die selten jemand an seinen eigenen Tisch einladen würde. In den Seligpreisungen weist der Herr darauf hin, dass diese unerwünschten Gäste dereinst mit dem Himmlischen an dessen Tisch sitzen werden. Jesus ist nicht gegen die Reichen, er ermahnt sie bloß, dass Fehlverhalten, dass du Reichtum führt, selbstverständlich sündhaft ist, eine Umkehr aber stets möglich. Und dass Reichtum an sich sündhaftes Verhalten unterstütze. Von einem Kampf Arm gegen Reich lese wir nicht. Aufstandsfantasien von sozialistisch geprägten Christen entsprießen eher der sozialitisschen, denn der christlichen Komponente. Der christliche Aufstand ist ein ganz anderer, wie wir wissen ist Christ sein selbstverständlich gleichbedeutend mit Revolutionär sein. Aber es ist eine Revolution gegen den Fürsten der Welt, dessen Hofgesinde, dessen falsche Ideale, denen wir nachzuhecheln animiert oder gezwungen werden.

Selbst das Gleichnis vom reichen Mann und dem armen Lazarus weist diese Gesamtinterpretation genau so aus. Während der reiche Mann aufgrund seines Immer-mehr-Wollens, seines Nicht-Teilen-Wollens sowie seines Unglaubens letztlich im Feuer landet, fühlt sich Lazarus nach seinem harten irdischen Leben mehr als nur sprichwörtlich "wie in Abrahams Schoß". Auch an dieser Stelle wartet man vergeblich auf einen Aufruf Jesu, für sozialen Ausgleich – auf welchem Weg auch immer – zu sorgen. Logisch, ist Armut doch geradezu eine hilfreiche Tugend.

Mt 6,19 ff. ist kein Aufruf zur sozialen Revolution, sondern ein Weckruf für Reiche, Satte, die es nicht nach Wahrheit und Erlösung dürstet.
So geht es um Spendenbereitschaft, Hilfsbereitschaft für die, die es nötig haben. Aus freien Stücken, aus eigener Überzeugung, dem Aufruf Jesu, dass wir einander lieben sollen, folgend. Das ist kein Sozialismus, den wir bei Jesus finden. Nein, Jesus war kein Sozialist, gleich welcher Prägung. Es ist auch kein Zufall, dass der Sozialismus dort, wo er (zumeist mit Gewalt) an die Macht gekommen ist, versuchte, dem Christentum den Garaus zu machen. Es sind letztlich Widersprüche, die – wie ich auch aus dem eigenen Umfeld heraus sagen kann – letztlich nur wie Flickwerk aneinandergereiht werden können, die aber kein sinnvolles Ganzes ergeben. Ein Flickwerk, möglicherweise jeweils aus gutem Vorsatz, aber letztlich bloß erdenzentriert. Den Ziel Himmel vor Augen sind das Standpunkte, die es zu überwinden gilt.

Bei Jesus gibt es kein Gleichmacherei, jedem wird nach seiner Entscheidung begegnet, jeder wird auch so gerichtet. Doch zuallererst kam Jesus, die Welt zu befreien, nicht zu richten. Er schuf die Voraussetzung, unsere Seelen zu retten. Wir wissen, was zu tun ist. Den Richterspruch haben wir insgeheim längst selbst im Ohr.

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