Sonntag, 2. April 2017

Marx - von Helden und Zombies

"Ob ich der Held meines eigenen Lebens werde, oder ob dieser Platz von jemand anderem
eingenommen wird, müssen die folgenden Seiten zeigen." (Charles Dickens, David Copperfield 1849/50)

Das Eingangszitat, welches den Beginn zu Ch. Dickens Klassiker "David Copperfield" darstellt, wurde 1 Jahr nach dem Kommunisten Manifest von Marx und Engels veröffentlicht. Dies ist Zufall, weniger Zufall ist, dass ich gerade über diesen Satz stolpere und er mir das aktuelle Geschehen um Karl Marx´ anstehendes Jubiläum abermals in meine Gedanken ruft, welches von gewissen Kreisen und ihrem unbedarften Anhängsel vorab zelebriert wird.

So sehen wir in den Lichtspielhäusern nun den Film "Der junge Karl Marx", und ein großes österreichisches Nachrichtenmagazin widmete Marx die Titelseite und ließ mehr oder weniger Prominente zum kommunistischen Theoretiker Stellung beziehen.


Cover der Profil-Ausgabe 12/2017
                                                 
                                                 


Marx, der Held für viele, als der er sich wohl auch selbst gesehen hat. Doch zeigten die "folgenden Seiten", die Konsequenzen des Marxschen Denkens, dass er zum Helden taugt?


Freilich beriefen sich viele, denen es um Freiheit und/oder Verbesserung der Situation der Arbeiterschaft ging, auf ihn. Es sollte jedoch zu denken geben, dass überall, wo der Sozialismus herrschte, Druck auf das Individuum entstand, psychisch, politisch wie auch wirtschaftlich. Bis hin zur physischen Vernichtung. Kann man sich hier nur darauf hinausreden, dass man Marx falsch interpretiert habe? Dass er manchem Tyrannen als Feigenblatt diente? Oder liegt der Fehler im System.

Als der Ostblock zusammenbrach, sah man gar "das Ende der Geschichte" (F. Fukuyama) gekommen. Alle Systemkämpfe seien entschieden, der letzte verbliebene Gegner des westlich-kapitalistischen Konstrukts musste sich geschlagen geben. Den neuen großen Gegner wollte man noch nicht sehen. Marx war jedenfalls einige Jahre tot. Dachten wir.

Doch wie ein Zombie geistert er durch die Köpfe vieler, die sich als geschichts- und wissenschaftsresistent erweisen. Der gewesene österreichische Bundespräsident Dr. Heinz Fischer (SPÖ) nennt ihn einen "Pionier", die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend möchte gar gut funktionierende Wirtschaftsbetriebe verstaatlichen. Die junge Dame hat das Desaster der verstaatlichten Industrie in Österreich offenbar nicht nur nicht mehr miterlebt, sondern auch in der Zeitgeschichte ignoriert. Es wird bei den SJ-Workshops wohl kein Thema sein. Vermutlich ebenfalls kein Thema sind die Millionen Toten, die der Kommunismus in seinen Erscheinungen zu verantworten hat (System Gulag, Erschießungen, Holodomor etc.)


K. Marx, Bildquelle: Wikipedia


Karl Marx glaubte an den logischen Ablauf der Geschichte mit dem Ziel und Ergebnis der klassenlosen Gesellschaft, im Kommunismus, der dem paradiesischen Urzustand ähneln würde. Der Proletarier sei die Triebfeder, dessen revolutionäres Potenzial, bedingt durch die Ausbeutung durch den Arbeitgeber (Mehrwerttheorie) ihn aus der Verelendung hin zur Herrschaft führen würde, bis keine Herrschaft mehr nötig sei.

So weit, so schön.
Als Problem erwies sich allerdings, dass die Verelendung ausgeblieben ist. Jedenfalls im kapitalistischen System konnte sich der Arbeiter hin zur Mittelschicht entwickeln, es zu einem gewissen Wohlstand und - horribile dictu!- zu (Grund-)Besitz bringen. Anders die Situation in den sozialistischen Staaten, wo abseits der Nomenklatura die Menschen nur das Nötigste hatten. Ein Auto? Wie viele Jahre warteten die Menschen darauf, sofern sie es sich leisten konnten? Staatliche Misswirtschaft ließ Konsumgüter, die im "Westen" längst selbstverständlich waren, zur Mangelware werden. Verblendete Ideologen, Minister ohne persönliche Verantwortung (das kennen wir auch aus unseren Tagen in gewissen Bereichen) sind stets schlechte Unternehmer.

Wer das Paradies auf Erden schaffen wollte, erschuf zumeist das Gegenteil. Dort war er dafür Fürst.




Ist Kapitalismus bloß McDonaldisierung? Bildquelle: stupidedia

                     

Der Kapitalismus ist nicht perfekt. Er führt zu Umweltproblemen, er führt zu Existenzvernichtungen, er führt zu psychischen Problemen. Zugleich führt er zu bisher unbekanntem Wohlstand breiter Kreise in vielen Ländern (vor 100 Jahren lebten Adelige wesentlich schlechter als Arbeiter heute), noch nie waren so viele Menschen auf der Welt GUT ernährt wie heute (ohne zu vergessen, dass hier noch einiges zu tun ist). Wenn wir die freie Wirtschaft ablehnen, so kann das seine Gründe haben.

Wer eine Alternative bieten möchte, ist dazu aufgerufen. Doch lassen wir Marx und seine Epigonen auf der Müllhalde der Geschichte.


Zombies gehören bloß ins Kino. Insoferne passt es ja.

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