Sonntag, 11. November 2018

100 Jahre Republik (Deutsch-)Österreich

Das Gedenkjahr 2018 biegt in die Zielgerade ein. Heute, am 11. November, vor 100 Jahren dankte der letzte regierende Habsburger, Karl I. (2004 seliggesprochen), ab, nachdem die Monarchie sich bereits im Zerfall befand und sich die deutschen Abgeordneten mit 21. Oktober längst zur provisorischen Nationalversammlung erklärten. Eine durchaus oft glanzvolle Geschichte ging zu Ende, die aber niemals so friedlich war, wie sie verkitscht gerne dargestellt wird ("Andere mögen Kriege führen, du, glückliches Österreich, heirate!", das ist natürlich Unsinn) und die sich mit dem Nationalitätenkonflikt mitunter als "Völkerkerker" gebar.

Und mit dem 12. November 1918 wurde sie ausgerufen: die Republik Deutschösterreich! 
Der Staatsgründungsakt erfolgte de jure bereits am 30. Oktober mit der Gründung eines Staatsrats, der Definierung des Staatsgebiets, dem Beschluss eines provisorischen Grundgesetzes mitsamt der Verkündigung vom Balkon des Niederösterreichischen Landtages. Man forderte Gebiete, die heute wie (für die meisten von uns) selbstverständlich nicht Teil Österreichs sind, etwa Deutschböhmen, die Untersteiermark (nicht den slowenisch besiedelten Teil), Südtirol (ohne Trentino), der südmährische Kreis Znaim oder das Kanaltal. 
Die Siegermächte des 1. Weltkriegs, die Entente, hielten das Selbstbestimmungsrecht der Völker nicht so hoch, wie sie es versprochen hatten. So wurde Österreich auch der Anschluss an die deutsche Republik prompt untersagt, selbst aus dem eigenen Namen musste "deutsch" verschwinden – und der Rest war auch in diesem Sinne eben "Österreich". Ein Österreich, das zu kämpfen hatte, mit den  neuen Gegebenheiten, mit noch immer feindlichen Mächten (obwohl sich die Republik dezidiert nicht als Rechtsnachfolger der Monarchie erklärte!), mit politischen Wirren und ideologischen Kämpfen, die auch mit Waffengewalt ausgetragen worden sind. Schließlich sollte Österreich auch noch einmal von der Landkarte verschwinden. Als es 1945 wiedererstand, bedeutete dies auch gewissermaßen seinen Abschied von der deutschen Geschichte, die es so lange maßgeblich geprägt hat.

So schwer man es der Alpenrepublik auch machte, ein arbeitsames und anständiges Volk sorgte für Aufschwung, für Stabilität und machte aus einem Gebiet, dem wenige eine Chance und eine Zukunft prophezeiten, ein Land, das wenige Jahrzehnte später ohne Frage zu den lebenswertesten dieser Erde gehört. Nicht umsonst drängen die Menschen hier her, umso merkwürdiger, wie viele das Eigene immerfort gering achten. The grass is always greener on the other side, so scheint es. Bis man (als Österreicher) die andere Seite einmal gesehen hat.

Geschichtsklittung des "roten Wien": 

Die Büsten zur Erinnerung an die 
Republiksgründung zeigen 3 Sozialdemokraten 
(Adler, Reumann, Hanusch), 
die damit nur am Rande zu tun hatten. 
Hingehört hätten die 3 Präsidenten 
der provisorischen Nationalversammlung. 
Dies waren: 
der Großdeutsche Franz Dinghofer, 
der Christlichsoziale Johann Nepomuk Hauser sowie 
der Sozialdemokrat Karl Seitz. 
Nicht zuletzt aus Freude über das Erreichte, aus dem Wunsch, ein wenig Glanz und Gloria an die nächsten Generationen weiterreichen zu können, machen sich viele Sorgen. Auch in diesem Blog wurde und wird weiterhin nicht mit Kritik gespart, wenn eine politische oder gesellschaftliche Clique nichts anderes als Verrat an den Eigenen übt, während sie von diesen alimentiert wird. Dazu sei jeder aufgerufen, auch wenn der Druck der selbsternannten moralisch Überlegenen groß ist. 

Ich möchte – so wie auch hoffentlich du , dass Österreich seinen lange Zeit erfolgreichen und vorbildlichen Weg weitergeht, bevorzugt mit Kurskorrekturen zu noch besseren Zielen. Doch auch alles, was ich bereits als Kind und Jugendlicher nicht mochte, möge ein wenig erhalten bleiben als Teil des Ganzen; eine gewisse allzu schnelle Zufriedenheit mit sich selbst, ein wenig Bigotterie, das Mauscheln, die alten politischen Dinosaurier, selbst die Unwahrheiten rund um dieses Gedenkjahr – das alles ist Österreich. Wie "Virginia Jetzt!" einst sangen: Das sind mein Land, meine Menschen, das ist die Welt, die ich versteh.

Und das ist eine Liebeserklärung an alle, die mich nicht lieben, an alle, die ganz woanders stehen.

In unserem Lager ist, wenn wir wollen, Österreich!

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