Samstag, 3. November 2018

Wenn der Priester zum Politiker wird, während geistig Hungernden der Magen knurrt

Allerheiligen/Allerseelen war vermutlich für viele von uns eine Gelegenheit, den Friedhof aufzusuchen und unserer Toten zu gedenken. Selbst in meiner Zeit als Atheist war das für mich selbstverständlich, sozusagen eine Frage der Ehre.

Heuer stand ich nach fast 20 Jahren nicht nur als gläubiger Christ, sondern wieder als Katholik dort. Und es fällt einem an Tagen wie diesen schwer, nicht zu sagen: Not my Church!

Aber die Kirche ist mehr als der derzeitige Ungeist, der die alten Gemäuer erst richtig zum Müffeln bringt, und der Zeitgeist, der die Gehirne auch der Geweihten umnebelt. Allerheiligen brachte uns so eine knapp 15-minütige Rede, wie furchtbar gefährlich jene seien, die "alte Antworten" von Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus geben würden (offenbar eh auch alles dasselbe ...). Und wir müssten offen sein für die Flüchtlinge, müssten nein zur Hetze sagen. 
Man soll in Vorkommnisse nicht voreilig zu viel
hineininterpretieren, aber ... :-D
Wir sprachen erst kürzlich hier davon, wie heikel und zugleich beliebig es ist, wenn "die Kirche" politisch wird.  Und so wurden wir nun belehrt, welch Unmenschen wir seien, wenn wir die Wölfe nicht auf die Schafsherde losgehen lassen wollten, sondern lieber für den Schutz unserer Mitchristen eintreten. Wie ein Wink Gottes (so wurde es kommentiert von einem Anwesenden) schien es, dass nach wenigen Minuten das Mikrofon kaputt wurde und der Priester am weitläufigen Friedhof kaum noch zu vernehmen war. 
Und tatsächlich: Wie oft wird ein Mikrofon kaputt? ;-)

Von Gott war für meinen Geschmack wenig zu vernehmen, von der Auferstehung so gut wie gar nichts. Zugegeben, es handelte sich um ein Gedenkjahr (1918, 1938), doch war es vielen der anwesenden Gläubigen ein Gräuel, was sich geistlich abgespielt hat. Und das wiegt in diesem Fall doppelt schwer, wo dieser Priester an sich ein Mensch ist, der andere Kraft seiner Freundlichkeit durchaus für sich einnehmen kann. Ein Mann, der dazu fähig wäre, zu begeistern, der dank seines Alters noch viel Zeit hätte, Größeres in seiner Gemeinde in die Wege zu leiten. Bislang bleibt dieser Vorteil ungenützt, private Gespräche ließen bislang auch keine baldige Besserung erwarten. Jedoch wissen wir: Der Geist Gottes weht, wo er will.  

Irgendwann sollte die Kirche einsehen, dass es nicht nur äußere Umstände sind, die die Menschen dazu bringen, sich von ihr abzuwenden. Von Sinnkrisen gebeutelte, bei vollen Geldbörsen geistig leere Menschen wären bereit, sich abholen zu lassen. 
Doch sie werden nicht einmal gerufen.


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